Zurück zur Übersicht

Betriebliche Weiterbildung

Die 27-Milliarden-Euro-Investition

Ob Lehrgänge in der Firma selbst oder Workshops im Seminarhotel, ob Lektüre von Fachzeitschriften oder Messebesuche – es gibt viele Formen der betrieblichen Weiterbildung. Berufsbedingtes Lernen wird immer wichtiger, zeigt die aktuelle Weiterbildungserhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Gut acht von zehn Unternehmen nahmen im Jahr 2007 für Bildungsmaßnahmen ihrer Mitarbeiter Geld in die Hand. Die Betriebe ließen sich dies mit 27 Milliarden Euro zudem etwas mehr kosten als früher.

Kontinuierliches Lernen das ganze Leben hindurch gewinnt immer mehr an Bedeutung. Deshalb wollen Bund und Länder verstärkt in die Bildung investieren. Dies ist eine der Kernbotschaften der Qualifizierungsinitiative, die das Bildungsniveau in Deutschland verbessern und mit rund 500 Millionen Euro ausgestattet werden soll – die Finanzierung ist allerdings derzeit noch offen. Ein Ziel des Programms: Im Jahr 2015 nimmt jeder zweite der 19- bis 64-Jährigen an einer Weiterbildung teil – bisher sind es 43 Prozent. Ohne konkrete Unterstützung der Sozialpartner sowie der Betriebe, die ihren Beschäftigten Fort- und Weiterbildung ermöglichen sollen, wird das allerdings kaum zu bewerkstelligen sein.

Wie intensiv sich die Unternehmen bereits in der betrieblichen Weiterbildung engagieren, in welcher Form sie dies tun, wie hoch die Beteiligung der Mitarbeiter ist, was die Maßnahmen kosten und welche Ziele die Firmen damit verfolgen, geht aus der sechsten repräsentativen IW-Weiterbildungserhebung hervor. Die Ergebnisse im Einzelnen:

Die meisten Firmen in Deutschland investieren in das Know-how ihrer Mitarbeiter:


Weiterbildungsengagement der Unternehmen.
Im Jahr 2007 haben annähernd 84 Prozent aller Unternehmen betriebliche Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten. Dabei zeigt sich: Je steht zusätzliches Lernen für die Beschäftigten auf dem Programm: Rund 83 Prozent der Firmen mit bis zu 49 Köpfen beteiligen sich an der Weiterbildung, von den größeren Unternehmen sind es bis zu 96 Prozent.
In der Industrie bilden im Schnitt fast 86 Prozent der Betriebe ihre Belegschaft weiter, im Dienstleistungsbereich sind es mit annähernd 84 Prozent etwas weniger. Dieser Unterschied resultiert unter anderem daraus, dass in der Dienstleistungsbranche häufiger kleinere Firmen anzutreffen sind als im Verarbeitenden Gewerbe.


Formen der Weiterbildung.
Um ihre Mitarbeiter für neue Aufgaben zu qualifizieren, vertrauen die meisten Unternehmen – 79 Prozent – auf sogenannte informelle Weiterbildungsmaßnahmen. Hierzu zählen neben Informationsveranstaltungen wie Messen und Tagungen das Lernen am Arbeitsplatz, wo Trainer, Kollegen und Vorgesetzte mit Rat und Tat zur Seite stehen, aber auch das Selbststudium mithilfe von Büchern und interaktiven Medien.
Den harten Kern der Qualifizierungsmaßnahmen stellen nach wie vor die Lehrveranstaltungen dar, die räumlich getrennt vom Arbeitsplatz stattfinden: Von 100 Unternehmen bieten 76 Seminare, Lehrgänge und Kurse an, wobei sich das Angebot zwischen eigenen und den von externen Anbietern organisierten Lehrveranstaltungen die Waage hält.


Weiterbildungsbeteiligung der Mitarbeiter.
Mit diesen Offerten sprechen die Firmen ihre Beschäftigten offenbar immer besser an. Bei eigenen und externen Seminaren und Lehrgängen kamen auf 100 Mitarbeiter 126 Teilnahmen.

Im Jahr 2007 hat jeder Beschäftigte rechnerisch 1,3-mal an einer Veranstaltung zwecks Weiterbildung teilgenommen.

Das entspricht einem Anstieg von 39 Prozent gegenüber der vorangegangenen IW-Weiterbildungserhebung für das Jahr 2004.

Zählt man auch noch die Informationsveranstaltungen Wie Fachvorträge und Messen hinzu, so hat jeder Arbeitnehmer im Schnitt sogar 2,1 Weiterbildungsmaßnahmen im Jahr 2007 mitgemacht.

Zeitlich betrachtet hat jeder Weiterbildungsteilnehmer 35,7 Stunden – also fast eine Arbeitswoche – für die Erweiterung seines Wissens aufgewendet. Rechnet man die Mitarbeiter hinzu, die im betrachteten Zeitraum größer der Betrieb ist, desto eher fortbildungsabstinent blieben, weil ihr Betrieb nichts dergleichen angeboten hat, kommt man zu folgendem Ergebnis:

Im Durchschnitt hat 2007 jeder Beschäftigte hierzulande fast 22 Stunden an Lehr- und Informationsveranstaltungen teilgenommen.

Die meiste Zeit davon – nämlich rund 18 Stunden – verbrachten die Mitarbeiter in Seminaren, Lehrgängen und Kursen, wobei externe Lehrveranstaltungen im Schnitt mehr als doppelt so lange dauerten wie interne.

Von ihrem Feierabend mussten die Arbeitnehmer dabei nur wenig abknapsen. Fast 80 Prozent der Teilnehmerstunden, die Beschäftigte 2007 der berufsbezogenen Wissensvertiefung widmeten, entfielen auf die normale Arbeitszeit. Bei der IW-Erhebung für das Jahr 2004 waren es noch 4 Prozentpunkte weniger. Damit ist der langfristige Trend vorerst unterbrochen, wonach sich die betriebliche Weiterbildung zunehmend in die Freizeit verlagert hatte.


Kosten der Weiterbildung.
Für direkte Kosten – dazu zählen Trainerhonorare, Lehrgangs- und Teilnehmergebühren, Reise-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten, Mieten und Ausgaben für Lernmaterial – mussten die Betriebe im Jahr 2007 durchschnittlich 419 Euro je Mitarbeiter kalkulieren. Die für Weiterbildung eingesetzte Arbeitszeit der Beschäftigten schlug als indirekter Kostenblock mit 635 Euro pro Kopf zu Buche. Unterm Strich heißt das, bezogen auf alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ohne Auszubildende:

Für die Weiterbildung haben die Unternehmen im Jahr 2007 durchschnittlich 1.053 Euro je Mitarbeiter aufgewandt.

Das sind 16 Euro weniger als im Jahr 2004. Ursache sind die um über 10 Prozent gesunkenen indirekten Kosten – das Lernen am Arbeitsplatz sowie das Selbststudium standen zuletzt deutlich weniger hoch im Kurs. Stattdessen setzten die Unternehmen nun mehr auf formelle Formen der Weiterbildung, vor allem auf Lehrveranstaltungen. Hier haben sich die Aufwendungen 2007 deutlich erhöht – sie stiegen im Vergleich zum Jahr 2004 um mehr als 14 Prozent. Daher entfiel von den gesamten Weiterbildungskosten mit 708 Euro je Beschäftigten der größte Teil auf interne oder externe Seminare, Kurse und Lehrgänge.

Unterm Strich haben die Unternehmen im Jahr 2007 rund 27 Milliarden Euro in die Mitarbeiterqualifizierung investiert.

Damit war den Betrieben die Wissensvertiefung ihrer Mitarbeiter 0,7 Prozent mehr wert als im Jahr 2004. Damals beliefen sich die Gesamtausgaben auf 26,8 Milliarden Euro.


Weiterbildungsziele der Unternehmen.
In erster Linie wollen die Firmen mit ihrem Weiterbildungsengagement die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter angemessen fördern; mehr als neun von zehn Unternehmen äußern dieses Motiv. Zugleich hoffen sie, dass die Beschäftigten am Arbeitsplatz motivierter und zufriedener sind. Außerdem sollen die Maßnahmen die Mitarbeiter stärker an das Unternehmen binden und dieses als Arbeitgeber attraktiver machen.

Darüber hinaus sind ertragsorientierte Ziele wichtig: So wollen neun von zehn der befragten Unternehmen mithilfe der Weiterbildung die Wertschöpfung und den Geschäftserfolg steigern, indem sie die Leistungsfähigkeit und Produktivität der Mitarbeiter fördern.

Um ihre gesteckten Ziele noch besser erreichen zu können, wünschen sich die Unternehmen Unterstützung. Die Erwartungen richten sich vor allem an die Arbeiter und Angestellten selbst: Die Mehrheit der Firmen hätte gerne Mitarbeiter, die sich stärker in ihrer Freizeit weiterbilden und so selbst etwas tun, um fit für ihren Job zu sein. Weiterbildung wird von vielen Befragten nicht nur als Bringschuld der Unternehmen, sondern ebenso als Holschuld von Mitarbeitern betrachtet.

Verbessert werden muss nach Ansicht der Betriebe vor allem die Kooperationsbereitschaft der Hochschulen. Zwei Drittel aller Unternehmen wollen, dass Universitäten und Fachhochschulen bei der Entwicklung von praxisorientierten Weiterbildungsmaßnahmen künftig stärker mit ihnen zusammenarbeiten. Dabei gibt es allerdings noch einige Hürden: Nach Meinung von fast zwei Dritteln der Firmen sollten Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung und ausreichender Praxiserfahrung auch ohne formale Studienberechtigung wie dem Abitur ein fachbezogenes Hochschulstudium aufnehmen können. Dazu wäre es aus betrieblicher Sicht jedoch notwendig, dass die Hochschulen für diese Zielgruppe passgenaue berufsbegleitende Angebote erstellen.

Insgesamt attestieren mehr als 50 Prozent der Unternehmen der Weiterbildung eine zunehmende Bedeutung bei der Sicherung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit; von einem gleichbleibenden Stellenwert gehen 38 Prozent aus. Daher dürften sich in den kommenden Jahren immer mehr Beschäftigte beruflich weiterbilden – egal, ob dies nun vom Arbeitgeber initiiert wird oder aus eigenem Antrieb geschieht.


Quelle: Presserklärung des IW Köln vom 26. Januar 2009


Den vollständigen Text der IW-Weiterbildungserhebung 2008: Werner Lenske, Dirk Werner: Umfang, Kosten und Trends der betrieblichen Weiterbildung – Ergebnisse der IW-Weiterbildungserhebung 2008, in: IW-Trends, 1/2009, können Sie hier als pdf-Datei herunterladen.


Schlagworte zu diesem Beitrag: Betriebliche Weiterbildung, Hochschulen
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.04.2009

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 28.03.2024