Selbstständige in der WeiterbildungZurück zur ÜbersichtSchutz und Rechte der Solo-Selbstständigen stärkenBeschluss des DGB-Bundeskongresses im Mai 2006Der Anteil der Selbstständigen, die allein vom Verkauf ihrer Arbeitskraft leben und oftmals von ihren Auftraggebern ebenso abhängig sind wie angestellt Erwerbstätige von ihren Arbeitgebern, wächst stetig. Der DGB erkennt die Leistung der selbstständigen Kolleginnen und Kollegen an, die mit zum Teil hohem persönlichen Risiko arbeiten müssen oder wollen. Viele der – oft überdurchschnittlich hoch qualifizierten – Selbstständigen möchten aus eigener Überzeugung ein selbstbestimmteren Lebens- und Arbeitskonzept verwirklichen, andere sind zur Selbstständigkeit durch Outsourcing gezwungen, mit denen sich Arbeitgeber ihrer Schutzpflicht entziehen. Viele liefern spezialisierte Dienstleistungen oder Werke, die nur hin und wieder benötigt werden und für die sinnvoller Weise keine Arbeitsplätze geschaffen werden (können). Andere wurden aus der Festanstellung gedrängt und haben diese Erwerbsform als für sie einzig mögliche Alternative auf dem Arbeitsmarkt gewählt. Der DGB und seine Einzelgewerkschaften setzen sich dafür ein,
Solidarität unter Solo-Selbstständigen zu ermöglichen, ist in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation eine originäre gewerkschaftliche Aufgabe.
Begründung: Die Zahl kleiner Unternehmen stieg laut Mikrozensus von 1991 bis 2003 um deutlich mehr als ein Viertel – die Steigerungsrate der Solo-Selbstständigen stieg dabei mit einem Drittel deutlich überproportional an. In den vergangenen Jahren wurde die Selbstständigkeit zudem von der Politik als ein arbeitsmarktwirksames Instrument zu Senkung der Massenarbeitslosigkeit propagiert und gefördert. Solo-Selbstständige können von mächtigen Auftraggebern gegeneinander und zunehmend gegen Festangestellte ausgespielt werden, da ihnen bis auf wenige Ausnahmen Honorarabsprachen verboten sind. Dem dadurch entstehenden Druck auf Honorare und schließlich auch auf die Entgelte der Festangestellten kann nur durch ein gemeinsames, solidarisches Handeln betriebsgebundener und nicht-betriebsgebundener Erwerbstätiger entgegengetreten werden. Das gilt auch und gerade, wenn Arbeitgeber sich ihrer, etwa aufgrund von Tarifbindung bestehenden, finanziellen Verpflichtungen und ihrer sozialen Schutzpflicht und Verantwortung entziehen, indem sie sozialversicherungspflichtige Arbeit – inklusive Kosten und Risiken – auf Selbstständige oder gar Scheinselbstständige verlagern. Der finanziellen Belastung zur Absicherung der einkommenslosen Zeiten von Krankheit und Pflegebedürftigkeit oder im Alter sind „kleine“ Selbstständige überdurchschnittlich häufig nicht gewachsen. So verfügte Ende der 90-er Jahre fast jeder siebte Haushalt, in dem der Haupteinkommensbezieher, bzw. die -bezieherin selbstständig erwerbstätig war, über keinerlei Absicherung im Alter. Ähnlich stellt sich die Situation Solo-Selbstständiger bei der Krankenversicherung dar. Da Selbstständige heute Beiträge zahlen müssen, die sich an einem – von vielen trotz Vollbeschäftigung nicht erreichbaren – angenommenen Mindesteinkommen bemessen, können sie sich überproportional häufig nicht krankenversichern. Die immer häufigeren „Patchwork-Biografien“, in denen sich Zeiten abhängiger Beschäftigung, Selbstständigkeit und Arbeitslosigkeit abwechseln, machen einen durchgehenden Versicherungsverlauf in den Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungen schwer erreichbar und verschärfen damit das Risiko drohender Altersarmut und fehlender Krankenversicherung. Dabei arbeiten Selbstständige unter erheblichen (spezifischen) gesundheitlichen Belastungen, für die insbesondere extrem lange Arbeitszeiten – nicht selten auch im Krankheitsfall – bei fehlenden Erholungszeiten verantwortlich sind. Ein Drittel der Selbstständigen zum Beispiel der Medienwirtschaft arbeiten regelmäßig 40 bis 50 Stunden in der Woche, ein weiteres Drittel mehr als 50 Stunden – bei 17 Werktagen Urlaub im Jahr. Und mit steigender Wochenarbeitszeit steigen die psychischen Belastungen, nimmt die Fähigkeit, sich in der Freizeit überhaupt erholen zu können, ab. Selbstständige brauchen und suchen – nicht nur in Fragen des Gesundheitsschutzes – Möglichkeiten, sich untereinander zu informieren und auszutauschen. Eine Plattform zum Informationsaustausch erwarteten zum Beispiel 97 Prozent der von ver.di Befragten selbstständig tätigen Mitglieder von ihrer Gewerkschaft, 96 Prozent ein breites Serviceangebot, die Durchsetzung verbindlicher Honorarsätze 87 Prozent und die Einmischung in gesellschaftspolitische Fragen bezogen auf Selbstständigkeit 94 Prozent. Die Gewerkschaft ver.di hat sich diesen Erwartungen gestellt und hat neben einem Referat für Freie und Selbstständige das Beratungsnetzwerk mediafon etabliert. Dieses bietet den inzwischen weit über 30.000 selbstständig tätigen Mitgliedern aktuelle Informationen etwa zu Vertrags-, Honorar- und Versicherungsfragen. In Einzelfragen werden sie durch erfahrene, ebenfalls selbstständig tätige Kolleginnen und Kollegen beraten. Die wachsende Zahl Selbstständiger, die sich für eine Gewerkschaftsmitgliedschaft bzw. für die Fortführung der Mitgliedschaft auch als Selbstständige entscheiden, ist mehr als ein Indiz dafür, dass sie von den Gewerkschaften Schutz und die Durchsetzung ihrer Rechte erwarten. Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.04.2009 |
Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info Druckdatum: 26.04.2024 |