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Beschluss der AG Weiterbildung des Bundesfachbereichsvorstandes Bildung, Wissenschaft und Forschung zur Ausschreibungs- und Vergabepraxis der Bundesagentur für Arbeit

1. Ausganglage

Als ein Ergebnis des umfassenden Umbaus der Bundesagentur für Arbeit (BA) werden Arbeitsmarktdienstleistungen zentral nach dem „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ und der „Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A)“ ausgeschrieben. Dazu zählen folgenden Dienstleistungen:

 Beauftragung Dritter mit der Vermittlung, § 37 SGB III
 Maßnahmen der Eignungsfeststellung/Trainingsmaßnahmen, § 48 SGB III
 Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, § 61 SGB III
 Überbetriebliche Ausbildung , §240 ff. SGB III
 Ausbildungsbegleitende Hilfen, §§ 240 ff. SGB III
 Beauftragung von Trägern mit Eingliederungsmaßnahmen, § 421i SGB III. Die BA begründet dies damit, die Dienstleistungen effizienter einzukaufen, hohe Qualitätsstandards vorzuhalten und die Vergleichbarkeit zu verbessern. Erreicht werden sollen diese Ziele durch
 die Entwicklung einheitlicher Leistungsbeschreibungen auf hohem qualitativen Niveau,
 Ausschreibungen auf der Ebene der Regionaldirektionen der BA,
 eine Standardisierung der Ausschreibungsinhalte.

2. Ausschreibungspraxis der BA unzureichend

Die Erfahrungen mit den Ausschreibungen von Dienstleistungen nach den §§ 37a, 48 und 61 SGB III weisen wesentliche Mängel auf. Dazu zählen insbesondere bei den Ausschreibungen für Leistungen nach den §§ 37a und 48 SGB III

 ungenaue Ausschreibungen für Dienstleistungen, die zu nicht vergleichbaren Angeboten von Bietern führen;

 unzureichende Berücksichtigung der Qualität der Angebote mit der Folge eines ruinösen Preiswettbewerbs;

 zu große Lose, die lokale und regionale Besonderheiten nicht berücksichtigen und gleichzeitig in der Region verankerte Träger benachteiligen;

 unzureichende Prüfungen der Anbieter, so dass Firmen Zuschläge erhielten, die über keine oder nur über geringe Erfahrungen in der Aus- und Weiterbildung verfügen, keine Organisationsstruktur am Ort sowie über kein bzw. nicht ausreichendes Lehr- bzw. Ausbildungspersonal verfügen;

Auch die Ausschreibungen für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (BvB) nach § 61 SGB III bringen für die Träger Rechtsunsicherheit. Weiterhin sind die Losgrößen zu groß und die Festlegung der Berufsfelder sind oft zu umfangreich. Die Personalschlüssel für die einzelnen Maßnahmen sind drastisch verschlechtert worden. Gleichzeitig wurden die Qualifikationsanforderungen an das Personal herabgesenkt. Darüber hinaus werden die Träger angehalten, bis zu 20 Prozent mehr Teilnehmende ohne Aufpreis zeitweise zu qualifizieren.

Nach einer Entscheidung des OLG Düsseldorf, wonach Jugendhilfeeinrichtungen nach § 7 Absatz 6 VOL/A von einem Wettbewerb um die Vergabe einer Maßnahme im Bereich der ausbildungsbegleitenden Hilfen auszuschließen sind, weil sie keine erwerbswirtschaftlichen Ziele verfolgen, hat die BA diese Entscheidung auf alle gemeinnützigen Träger übertragen. Der überwiegende Anteil der Anbieter von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen ist gemeinnützig. Um sie nicht von den Ausschreibungen auszuschließen, hat die BA bei den berufsvorbereitenden Maßnahmen zwei Bewerberkreise gebildet, die allerdings in der Vergabeordnung nicht vorgesehen sind.

3. Folgen: Bewährte Bildungsstrukturen brechen zusammen

Das geltende Vergabe- und Ausschreibungsrecht ist auf die arbeitsmarktpolitischen Leistungen nicht anwendbar. Der vergaberechtliche Grundsatz für die Auftraggeber dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit zu folgen, führt zu einem Preisdumping zu Lasten von Qualität und Arbeitsplätzen. Dabei ist der Billigste nicht auch der Vorteilhafteste.

Deutlich wird bei der zentralen Ausschreibungspraxis, das die besonderen Qualitäten von lokalen Bildungsträgern und insbesondere die Kenntnisse der örtlichen Arbeitsagenturen über den lokalen und regionalen Arbeitsmarkt nicht berücksichtigt werden. Qualitäten (Räume, Werkstätten, Kontakte zu aufnehmenden Firmen, qualifiziertes Personal) von bislang erfolgreichen Trägern werden unzureichend oder nicht gewichtet. Schulungsräume mussten aufgegeben und Personal abgebaut werden. Infrastrukturen brechen zusammen.

4. Forderungen

Die Aus- und Weiterbildung sowie die dauerhafte Integration von arbeitslosen Menschen in das Arbeitsleben müssen Vorrang vor allen Ausschreibungsgrundsätzen haben. Erwerbslose und Träger brauchen Planungssicherheit. Erforderlich ist eine schnelle Änderung des Vergaberechts. Die laufende Novellierung der Verdingungsordnung ist zu nutzen. Ziel muss es sein,

 Dumping-Anbieter auszuschließen;
 Qualitätsanforderungen bei den Maßnahmen stärker zu gewichten,
 tariflich geregelte Arbeitsbedingungen einzuhalten,
 sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse zu sichern;
 die Besonderheiten von arbeitsmarktpolitischen Leistungen zu berücksichtigen,
 örtliche und regionale Erfordernisse aufzunehmen,
 die Trägerstruktur bei den Losgrößen zu berücksichtigen.

Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 17.05.2004