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Berufliche Rehabilitation - Quo vadis?

Peter Müller schätzt die gegenwärtige politische Entwicklung so ein: "Gegenwärtig bildet sich ein Sozialsystem heraus, das den bisherigen Konsens grundlegend in Frage stellt, ja ihn aufkündigt. Es handelt sich um einen System- und Paradigmenwechsel."

"So empfinden besonders bitter blinde Menschen die in den letzten Jahren ständig gekürzten und in Niedersachsen nun mit den Stimmen der CDU und FDP sogar weitestgehend gestrichenen Hilfen. Sie wissen meine Damen und Herren, dass der CDU-Ministerpräsident Christian Wulff und seine Sozialministerin Ursula von der Leyen von ihren Kollegen in den übrigen Bundesländern forderten, das Gleiche zu tun. Sparen wird zur neuen öffentlichen Religion. Dadurch werden Sozialstattlichkeit und gesellschaftliche Solidarität mit den Schwachen zur Disposition gestellt."

Eines ist für Peter Müller klar: "Der Sozialstaat muss darauf ausgerichtet sein, die gleichberechtigte Teilhabe an Arbeit und gesellschaftlichem Leben für alle Menschen zu sichern. Er hat für diejenigen einzutreten, deren Startchancen schwierig sind. Sei es aufgrund ihrer sozialen Herkunft, aufgrund einer körperlichen Einschränkung oder aufgrund von Lernschwierigkeiten."

Für Peter Müller stellt die gegenwärtige Förderpraxis der Bundesagentur für Arbeit eine Bedrohung der beruflichen Rehabilitation dar. Die von ihm genannten Grundsätze der Sozialstaatlichkeit "werden durch die Praxis der Bundesagentur für Arbeit in Frage gestellt. Im Zentrum des Hartz – Konzeptes steht das Prinzip „Fordern und Fördern“. Dagegen können wir zunächst nichts einwenden. Denn: Zu den Grundelementen sozialpädagogischer Arbeit gehört auch die Verbindung von Fordern und Fördern. Allerdings hat es im Hartz – Konzept nicht mehr die Bedeutung eines sozialpädagogischen Konzeptes. Hinter dieser gleichen Formulierung verbirgt sich jetzt die Sanktionierung von Leistungen."

Müller erkennt "bei der Bundesagentur eine Verbetriebswirtschaftlichung ihrer Arbeit", die nur noch Kostenargumente kennt und den Menschen vergisst.

Das Mitglied des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt, erklärt das Ziel des Reformprozesses der Bundesagentur: Dabei gehe es "nicht primär um Änderungen in der Aufbau- und Ablauforganisation. Dies sind mehr äußerliche Erscheinungsformen. Entscheidender ist die grundsätzliche Neuausrichtung der BA, bei der insbesondere die Steigerung von Wirkung und Wirtschaftlichkeit im Blickpunkt steht.

Im Zuge der Modernisierung von Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktinstitutionen wird die BA auf ihre Kernaufgaben ausgerichtet. Dies wird immer wieder von fast allen gesellschaftlichen Gruppen eingefordert und war in der Hartz-Kommission lagerübergreifender Konsens. Die Kernaufgaben der BA sind die Integration und Vermittlung in Arbeit und Ausbildung, der zur Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt erforderliche Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente und die Gewährung von Lohnersatzleistungen."

Bei der beruflichen Rehabilitation gehe es um berufliche Eingliederung und nicht um die Versorgung der Betroffenen mit Maßnahmen. "Eine stärkere integrationsorientierte Ausrichtung der förderungspolitischen Maßnahmen entspricht der grundsätzlichen Zielsetzung des SGB IX auf Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben sowie den berechtigten Erwartungen des betroffenen Personenkreises," so Alt.

Alt meint, wenn es der Wirtschaft gut geht, dann geht es (automatisch?) auch den Menschen gut und folgert daraus: "Die wichtigste Aufgabe der BA ist die Beschleunigung des Ausgleichs am Arbeitsmarkt. Hierfür braucht die BA eine stärkere Ausrichtung auf die Kundengruppe Arbeitgeber. Eine stärkere Arbeitgeberorientierung mit zielgerichteter Akquisition offener Stellen und verbesserten Matchingverfahren beim Vermittlungsprozess schafft Integrationsmöglichkeiten für Arbeitnehmer." Nach seiner Meinung komme eine solche Politik insbesondere auch behinderten Menschen zugute.

Sie können die beiden Redebeiträge hier als pdf-Dateien herunterladen.

Verweise zu diesem Artikel:
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 09.02.2005