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Qualifizierung auf dem Rückzug

Der Boom ist vorbei. Forscher sehen deutlichen Trend zu geringerer Beteiligung

Der Strukturwandel zur Wissensgesellschaft wird in Deutschland von einem Rückgang der Weiterbildungsaktivitäten begleitet. Das ist dem jüngst vom Bundesbildungsministerium veröffentlichten "Bericht Weiterbildung 2003" zu entnehmen. Hatten noch 1997 rund 48 Prozent der 19- bis 64-Jährigen an Weiterbildungskursen teilgenommen, waren es 2000 rund 43 Prozent und 2003 nur noch 41 Prozent.

Während die Beteiligung an allgemeiner Weiterbildung relativ konstant blieb, ist die Teilnehmerquote in der beruflichen Weiterbildung rückläufig. Sie lag 1997 bei 30 Prozent, 2000 bei 29 und 2003 bei 26 Prozent. Dies führen die Autoren der Untersuchung auf Rückgänge in der betrieblichen Weiterbildung zurück.

Auf einer ver.di-Fachtagung im Februar rügte IG-Metall-Vorstandsmitglied Werner Vitt die mangelnde Beteiligung der Betriebe an der Weiterbildung der Beschäftigten. Der Anteil der deutschen Betriebe, die Weiterbildung betreiben, sinke, das sei einmalig in Europa. ver.di-Bundesvorstandsmitglied Dorothea Müller forderte ein Weiterbildungsgesetz und plädierte für tarifvertragliche Regelungen.

Tarifpolitisch ist Weiterbildung nämlich noch ein zartes Pflänzchen. So gibt es den Qualifizierungstarifvertrag in der Metall- und Elektroindustrie, eine tarifvertragliche Fondsregelung in der Textilindustrie sowie Regelungen im Tarifwerk der Telekom. "Weiterbildungstarifverträge sind qualitative Abkommen, die ihren Schwerpunkt auf prozedurale Vorgaben legen. Sie geben damit einen Handlungsrahmen vor, wie betriebliche Prozesse ausgestaltet werden sollen", sagt Dr. Reinhard Bahnmüller vom Forschungsinstitut für Arbeit, Technik und Kultur Tübingen.

Die Tarifverträge selbst böten wenig Handhabe zur qualitativen Umsetzung in die betriebliche Weiterbildungspraxis. Da seien die Betriebsparteien stärker gefordert. Betriebsräte müssten hier Anstöße geben und auch korrigierend eingreifen, betont er. Aus Umfragen in Betrieben der Metall- und Elektroindustrie weiß er, dass bei Betriebsräten andere Themen Priorität haben. In der baden-württembergischen Metallindustrie, so ergab eine Umfrage, rangiert die Weiterbildung auf Platz 5 der als wichtig bewerteten betriebsrätlichen Arbeitsfelder. Dabei räumt das 2001 reformierte Betriebsverfassungsgesetz den Betriebsräten größeren Einfluss auf die Aus- und Weiterbildung ein.

Quelle. verdi-news 4/2005, 26.02.2005

Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 25.02.2005