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.info netzwerk-weiterbildung 06/10

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Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,

Deutschland soll zur Bildungsrepublik gemacht werden. So hat es die Bundesregierung im Berufsbildungsbericht 2010 verkuendet. Bis 2015 soll der Anteil der Ausgaben fuer Bildung auf Forschung auf 10 Prozent des Bruttoinlandprodukts steigen. Das deutsche System der beruflichen Aus- und Weiterbildung sei erfolgreich und international geachtet. Die Weiterbildungsbeteiligung soll bis 2015 auf 50 % der 19 - 64-jaehrigen gesteigert werden. Auch in der Krise und erst recht nicht in Zeiten der Haushaltskonsolidierung soll an der Bildung gespart werden. An hehren Zielen fehlt es offensichtlich nicht in der Politik.

Hehre Ziele muessen sich in der Realitaet beweisen, sollten sie erst gemeint sein. Schauen wir uns daher ein wenig die Realitaet an. Am 7. Oktober 2010 verkuendete das Bundesbildungsministerium voller Stolz, den 50.000 Gutschein fuer eine Bildungspraemie ausgegeben zu haben.
Die Praemie ist ein voller Erfolg: "Am Freitag kann Bundeministerin Annette Schavan bereits den 50.000 Praemiengutschein ueberreichen. 'Es ist ein gutes Zeichen, dass immer mehr Buergerinnen und Buerger die Bildungspraemie nutzen, mit der die Bundesregierung die individuelle berufliche Weiterbildung foerdert', erklaerte Schavan", so im Wortlaut der Presseerklaerung.

Was aber sind diese 50.000 Praemiengutscheine wirklich wert? In der letzten Erhebung zur Weiterbildungsbeteiligung in Deutschland zaehlten die 25 - 64-jaehrigen in der Bevoelkerung gut 45 Millionen. Gemessen daran betraegt die Zahl der EmpfaengerInnen eines Bildungsgutscheins ca. 0,11 %. Eine nennenswerte Erhoehung der Weiterbildungsberteilung kann demnach nicht stattgefunden haben.

Wenn alle die maximale Bildungspraemie von 500 Euro erhalten haetten, waeren bisher zusammen 25 Millionen fuer die Bildungspraemie geflossen. Das nominelle Bruttoinlandsprodukt betrug 2009 in Deutschland 2.404.000 Millionen Euro. Die Bildungspraemie macht demnach (bei maximaler Foerderung) etwa 0,001 % des Bruttoinlandsprodukts aus. Mit solchen Trippelschritten ist die angepeilte 10 % Marke, die die Bundesregierung als Ziel erklaert hat, nicht zu erreichen.

Und es kommt noch schlimmer. Die Bundesagentur fuer Arbeit hat die Foerderung der beruflichen Weiterbildung in 2010 um gut 25 % gekuerzt. Im Bereich des SGB III hat sie in den ersten 3 Quartalen 2009 ca. 806 Millionen fuer die berufliche Weiterbildung ausgegeben. Im gleichen Zeitraum 2010 waren es nur noch 523 Millionen oder 283 Millionen weniger. Diese Kuerzung der Mittel wird im Haushaltsplan der BA fuer 2011 beibehalten. Gleichzeitig sollen im Bereich des SGB II in 2011 zusaetzlich 900 Millionen eingespart werden.

Deutschland, eine Bildungsrepublik? Wenn man sich die Foerderpraxis der Bundesregierung im Bereich der Weiterbildung anschaut, dann trifft das sicher nicht zu. Allein die Kuerzung im Bereich der BA uebertrifft in 9 Monaten das Zehnfache der ausgeschuetteten Bildungspraemie. Den hehren Worten folgen Taten, die die Bildungsrepublik Deutschland in weite Ferne ruecken laesst.


Weitere Inhalte:

1. Die eine Krise gibt es nicht
2. Berufliche Weiterbildung in Europa - Was Deutschland von nordeuropaeischen Laendern lernen kann
3. Kostenloses Online-Woerterbuch zur Erwachsenenbildung freigeschaltet
4. Termine
5. Impressum
6. .info Netzwerk-Weiterbildung abonnieren und kuendigen


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1. Die eine Krise gibt es nicht
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Prominente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben sich auf Bitten der Gewerkschaften bereitgefunden, ueber die aktuellen Probleme und die Zukunft der beruflichen Bildung nachzudenken. Der Sachverstand ist gebuendelt im Wissenschaftlichen Beraterkreis der Gewerkschaften IG Metall und verdi.

Diese Stimme ist fuer die Gewerkschaften, aber auch fuer die vielen gesellschaftlichen Akteure in der Berufsbildung wichtig. Nach der Broschuere "Ohne Berufe geht es nicht", der Bestseller-Streitschrift "Bildung ist keine Ware" werden jetzt zum dritten Mal die Berufs-Bildungs-Perspektiven vorgelegt mit dem Titel "Bildung in der Krise - weder innovativ noch gerecht".

Auf der Seite Grundsaetzliches zur Weiterbildung
finden Sie die einleitenden Thesen der
Berufs-Bildungs-Perspektiven 2010. Sie koennen dort auch die vollstaendige Ausgabe als pdf-Datei
herunterladen.


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2. Berufliche Weiterbildung in Europa - Was Deutschland von nordeuropaeischen Laendern lernen kann
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Der vermeintliche und tatsaechliche Fachkraeftemangel ist seit Monaten Thema in allen Medien. Fuer die Otto Brenner Stiftung hat sich Rainer Weinert in einer aktuellen Studie mit tarifpolitischen Weiterbildungsstrategien beschaeftigt.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen skandinavischen Laendern und Deutschland in der beruflichen Weiterbildung werden in der Studie herausgearbeitet und Ansatzpunkte fuer eine gewerkschaftspolitische Strategie aufgezeigt. Zur Behebung von Qualifizierungsproblemen werden die in Schweden entwickelten "Technik-Colleges" als Modell fuer Deutschland vorgeschlagen. Dabei bestimmen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbaende zusammen mit den Unternehmen die Qualitaets- und Effektivitaetskriterien fuer die Einrichtungen des staatlichen und nichtstaatlichen Aus- und Weiterbildungssystems. Durch diese Zertifizierung in Verbindung mit einer generellen Aufwertung der Erwachsenenbildung koennte die Weiterbildungslandschaft in Deutschland partiell reguliert und dadurch dem Fachkraeftemangel insbesondere in Ostdeutschland begegnet werden.

Auf der Seite Grundsaetzliches zur Weiterbildung finden Sie eine Kurzfassung der Ergebnisse der Studie. Sie koennen dort auch die vollstaendige Studie als pdf-Datei herunterladen.


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3. Kostenloses Online-Woerterbuch zur Erwachsenenbildung freigeschaltet
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Das "Woerterbuch Erwachsenenbildung" ist ab sofort online unter www.wb-erwachsenenbildung.de kostenlos zugaenglich. Das 2010 in 2. Auflage bei UTB erschienene Woerterbuch wird vom Deutschen Institut fuer Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum fuer Lebenslanges Lernen e.V. (DIE) herausgegeben. Verlegt wurde es vom Klinkhardt-Verlag in der UTB. Es enthaelt ueber 300 Artikel von ausgewiesenen Autoren und buendelt das gegenwaertige Wissen ueber Erwachsenenbildung. Die Online-Version bietet den kompletten Buchtext mit Volltextsuche und Druckfunktion sowie ein kostenloses Widget zur Einbindung auf die eigene Website.

Auf der Seite Tipps finden sie weitere Informationen zum Woerterbuch, einen Link zum Online Woerterbuch und die Moeglichkeit einer direkten Stichworteingabe in das Woerterbuch.


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4. Termine
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"Durchlaessigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung - Vision oder Wirklichkeit?"

Das Bildungssystem ist ineffektiv, unuebersichtlich und selektiv. Es bestehen viele Pfade, die nicht nur auf Um- und Irrwege fuehren, sondern auch in Sackgassen enden. Deutlich wird die fehlende Durchlaessigkeit vor allem zwischen der beruflichen und der hochschulischen Bildung, die immer noch als nahezu unverbundene Bildungssaeulen nebeneinander bestehen. Nach wie vor sind nur wenige Berufserfahrene ohne Abitur an einer Hochschule eingeschrieben. Die Anrechnung ihrer beruflich erworbenen Qualifikationen ist schwer zu erreichen.

Jahrzehntelang forderten vor allem die Gewerkschaften mehr Durchlaessigkeit, besonders in Kontext herzustellender Chancengleichheit. Nun greifen auch Politik und Wirtschaft das Thema verstaerkt auf, angetrieben durch die Diskussion um "den Fachkraeftemangel".

Ueber oeffentliche Apelle hinaus fehlen aber wirksame Massnahmen. Daher wollen wir uns in dieser Veranstaltung insbesondere auf die Voraussetzungen zur Verwirklichung von Durchlaessigkeit konzentrieren. Die Diskussionsergebnisse fliessen in unsere ver.di-Positionsbestimmung ein.

Weitere Informationen zur Tagung findet Sie auf der Seite Termine des Bundesfachbereichs .


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5. Impressum
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Herausgeber
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Landesbezirk Niedersachsen Bremen
Brigitte Schuett
Landesfachbereichsleiterin Bildung Wissenschaft Forschung
Goseriede 10
30159 Hannover

Redaktion: Peter Schulz-Oberschelp
mail to: mailto:mail@netzwerk-weiterbildung.info


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6. .info netzwerk-weiterbildung abonnieren und kuendigen
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Das .info netzwerk-weiterbildung ist ein kostenloser Service fuer die Beschaeftigten in der Fort- und Weiterbildungsbranche. Wenn sie in den Verteiler aufgenommen werden wollen oder wenn sie in Zukunft dieses Info nicht mehr zugeschickt bekommen wollen gehen sie bitte auf die Internet-Seite oder schicken sie eine e-mail an mailto:info@netzwerk-weiterbildung.info



Schlagworte zu diesem Beitrag: Berufliche Weiterbildung, Bildungsgutschein, Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 09.12.2010

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 29.03.2024