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Gewerkschaftsstrategie zum DQR beraten

Die DGB-Gewerkschaften haben im Rahmen einer Klausurtagung ihre weitere DQR-Strategie beraten und festgelegt. Es ist davon auszugehen, dass noch in diesem Jahr die Arbeiten zum Rahmen erst einmal zu einem Abschluss gebracht werden. Ab 2013 sollen dann die Bildungsabschlüsse an den Hochschulen und in der beruflichen Aus- und Weiterbildung einen entsprechenden DQR-Vermerk bekommen. WAP sprach mit IG Metall Bildungsexperte, Klaus Heimann, über die Ergebnisse der Gewerkschaftstagung.


Nach dem heftigen Kulturkampf um die Wertigkeit von Abitur im Vergleich zur Berufsausbildung im Rahmen der Entwicklung des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR), ist es jetzt eher still geworden. Ruhen die Arbeiten am DQR?

Klaus Heimann Nein sie ruhen keineswegs. Sie waren sieben Monate unterbrochen, da ist es dann nicht ganz so einfach wieder in Fahrt zu kommen. Aber inzwischen nimmt der Bildungsdampfer DQR wieder fahrt aus.

Die DGB-Gewerkschaften haben jetzt ihre weitere Strategie beraten. Was ist das Ergebnis?

Klaus Heimann Ja das ist richtig. Wir haben uns z.B. darauf verständigt, dass nicht formales und informelles Lernen unbedingt in den DQR einbezogen werden muss. Man muss sich vergegenwärtigen, dass rund 75% unserer Kompetenzen auf diesen Lernformen beruhen. Dies beim DQR zu ignorieren wäre völlig falsch. Wir müssen uns auf ein transparentes und verlässliches Verfahren der Feststellung, Bewertung und Zertifizierung der erworbenen Kompetenzen verständigen. Bund und Länder-Vertreter im Arbeitskreis DQR sind bei diesem Thema sehr zögerlich. Sie befürchten, dass zusätzliche finanzielle Aufwendungen notwendig werden.

Die kritischen Stimmen zum DQR wollen nicht verstummen. Warum gibt es viel Ablehnung?

Klaus Heimann Der DQR kann bislang nicht überzeugend erklären, welchen Nutzen er für die Menschen letztendlich hat. Was wird mit dem DQR besser für den Lernenden und die Beschäftigten in den Betrieben? Da werden zwar immer wieder wolkige Begriffe wie Mobilität, Gleichwertigkeit und Durchlässigkeit angeführt, aber sehr konkret wird das nicht.

Was wollen die Gewerkschaften den mit dem DQR jetzt anstellen?

Klaus Heimann Nun wir werden auf unserer Bildungstagung am 30. und 31. Mai in Fulda einen speziellen Workshop haben, in dem wir zusammen mit Betriebsräten und Personal-Verantwortlichen untersuchen wollen, ob es eine DQR-Strategie für den Betrieb gebe und wie das dann aussehen kann. Vielleicht finden wir ja einen Weg, den DQR mit Leben zu erfüllen. Nur wenn wir konkret zeigen können, dass der DQR positiv wirken kann und den Bildungsinteressen der Menschen dient, nur dann hat dieses Instrument eine Chance. Übrigens wer sich in diese Debatte einklinken will, der sollte nach Fulda kommen oder hier die Meinung posten. Was in WAP dazu kommentiert wird, werden wir in Fulda mit aufnehmen. Versprochen!

Gut, ja das ist ja schon mal was. Wie geht es denn bei der Entwicklung von kompetenzbasierten Ausbildungsordnungen weiter?

Klaus Heimann Beim Werkzeugmacher und beim Kaufmann für Versicherungen und Finanzen wurden vom BIBB entsprechende Verordnungsentwürfe modellhaft entwickelt. Wir finden die Ergebnisse interessant, sie sind aber noch nicht überzeugend. Daran muss weiter gearbeitet werden. Im Moment erarbeiten die Ministerien eine Position, die dann den Sozialparteien vorgestellt werden soll. Der BIBB-Hauptausschuss hat eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die das Thema voranbringen soll. Wichtig ist uns, dass insbesondere auch die Kritik aus der betrieblichen Praxis aufgreifen: Ausbilder und Ausbilderinnen kritisieren, dass die Ausbildungsordnungen immer abstrakter und jenseits einer konkreten Beruflichkeit formuliert werden. Die konkrete beruflichen Handlungen und Ziele könne man immer weniger aus Ausbildungsordnungen ablesen.


Und wie soll es bei den Zuordnungen von Bildungsabschlüssen weiter gehen?

Klaus Heimann Damit beschäftigt sich aktuell der Arbeitskreis DQR auf der Bundesebene. Es werden weitere Anker-Abschlüsse für die Niveaustufen sicherlich gefunden werden. Problematisch ist allerdings was mit den vielen Bildungsabschlüssen passieren soll, die auf der Ebene der Länder und Kammern gibt. Allein in Baden-Württemberg soll es 1.000 Landesabschlüsse geben. Die Gewerkschaften wollen dieses Thema zentral bearbeiten und zwar durch die Nationale Bund-Länder Koordinierungsstelle und bei strittigen Fällen durch den Arbeitskreis DQR. Schon jetzt ist erkennbar, dass die Zuordnungen von Bildungsabschlüssen keineswegs eine triviale Aufgabe ist. Bei der Frage, welche Wertigkeit ein Abschluss hat, kennen die Beteiligten kein Pardon. Da gibt es ein Hauen und Stechen.


Quelle: Interview von WAP, Homepage der IG Metall mit Klaus Heimann


Schlagworte zu diesem Beitrag: Deutscher Qualifikationsrahmen, Lebenslanges Lernen
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 12.05.2012