Förderung der beruflichen Weiterbildung

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Die Lage der beruflichen Rehabilitation in der Arbeitsförderung

Das System der beruflichen Rehabilitation

Für die berufliche Reha von Erwerbstätigen ist in der Regel die Rentenversicherung zuständig. Um von der Rentenversicherung gefördert zu werden, ist allerdings eine Versicherungszeit von 15 Jahren notwendig.

Wenn diese Bedingung nicht erfüllt ist und auch sonst kein anderer Reha-Träger zuständig ist (z. b. die gesetzliche Unfallversicherung), ist die Bundesagentur für Arbeit (BA) zuständig. Da junge behinderte Menschen am Übergang Schule – Beruf diese Bedingung nicht erfüllen können, kommt in diesen Fällen nur die BA als Reha-Träger in Betracht.

In den beiden Rechtskreisen des SGB II und III gibt es zudem deutliche Unterschiede in der Förderung. Die BA wiederum ist nicht nur für Leistungsberechtigte im Bereich des SGB III zuständig. Sie hat auch eine (Teil-)Zuständigkeit für Bezieher von ALG II, sofern kein anderer Reha-Träger verantwortlich ist. „Dies führt für Hartz IV-Empfänger zu einem arbeitsmarktpolitischen Leistungswirrwarr zwischen dem Versicherungs- und dem Fürsorgesystem. Für einen Teil der Leistungsverpflichtung im Rahmen des beruflichen Reha-Verfahrens ist hier das Hartz IV-System und teils das Versicherungssystem zuständig. Vereinfachend können die Leistungen wie folgt zugeordnet werden:
  • Leistungen zur beruflichen Ausbildung, in Werkstätten für behinderte Menschen und alle Leistungen des SGB IX müssen auch für Hartz IV-Empfänger vom Versicherungssystem erbracht und finanziert werden.

  • Leistungen zur beruflichen Weiterbildung, zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie jene, die aus dem Vermittlungsbudget oder an Arbeitgeber gezahlt werden, müssen vom Hartz IV-Träger zur Verfügung gestellt und über Steuermittel finanziert werden.“

Die berufliche Ersteingliederung ist eine vorrangige Aufgabe der BA. Sie betrifft junge Menschen, die behindert sind oder von Behinderung bedroht sind. Die Wiedereingliederung von Erwachsenen zielt hingegen auf eine berufliche Um- oder Neuorientierung ab. Damit sind die Instrumente der Förderung im Bereich der Erwachsenen bei der Rentenversicherung und der BA sehr ähnlich. Die Altersstruktur der durch die BA Geförderten ist allerdings deutlich niedriger als in der Rentenversicherung. Die BA fördert zu zwei Drittel Jugendliche. Nur ein kleiner Teil der Förderung betrifft die berufliche Wiedereingliederung von Erwachsenen.

Der DGB sieht daher deutlichen Veränderungsbedarf in der Förderpraxis insbesondere im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik

„Das gegliederte System der beruflichen Rehabilitation ist äußerst komplex. Ziel ist nicht nur die Rehabilitation im engeren Sinne, sondern die berufliche Eingliederung der von Behinderung bedrohten Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit. Die Teilhabe am Arbeitsleben soll erhalten, verbessert oder (wieder) hergestellt und möglichst auf Dauer gesichert werden. Doch dieses gesetzliche Ziel kann längst nicht immer realisiert werden; vielfältige Gründe erschweren es.

Dies beginnt mit der Identifikation von Reha-Fällen und der Überwindung von Schnittstellen zwischen den Rehabilitationsträgern wie den Arbeitsagenturen und der Rentenversicherung. Noch größer sind die Herausforderungen im Hartz IV-System. Vielfältige gesetzliche Schnittstellen erschweren hier ein nachhaltiges Rehabilitations- und Integrationskonzept. Mit den Hartz-Gesetzen wurde zugleich die gesetzliche Definition der Erwerbsfähigkeit (drei Stunden pro Tag gelten als ausreichend) ausgeweitet und gesundheitlich angeschlagene Menschen in stärkerem Maße auf den Arbeitsmarkt verwiesen. Die Verschlechterungen bei der Erwerbsminderungsrente ließen gleichfalls den Bedarf an beruflicher Reha ansteigen, ohne dass zusätzliche inhaltliche und finanzielle Handlungsmöglichkeiten eröffnet wurden.

Im Ergebnis haben sich mit den Hartz-Gesetzen die Förderchancen für einkommensschwache behinderte Menschen verschlechtert. Deshalb muss im Hartz IV-System vorrangig gehandelt werden.

Der DGB hält insbesondere folgende Maßnahmen für dringend erforderlich:
  • Die fachliche Kompetenz zu Behindertenfragen muss im Fürsorgesystem dringend verstärkt werden. Wie im Versicherungssystem sollten spezialisierte Vermittlungskräfte einen Reha-Bedarf frühzeitig erkennen und potenzielle Rehabilitanden an die zuständige Agentur weiterleiten.

  • Die weitere Betreuung von Rehabilitanden sollte möglichst durch die jeweilige Arbeitsagentur erfolgen, unabhängig davon, ob die Rehabilitanden Arbeitslosengeld oder Hartz IV erhalten. Dies hätte den Vorteil, dass die mit Hartz IV versprochene Betreuung aus einer Hand für behinderte Menschen weitgehend sichergestellt werden könnte. Die Prozess- und Integrationsverantwortung würde für alle Rehabilitanden bei den Arbeitsagenturen liegen, während die Finanzverantwortung nach wie vor unterschiedlich wäre. Soweit der Gesetzgeber die Entscheidungskompetenz nicht auf die Arbeitsagenturen übertragen sollte, müsste zumindest die Umsetzung des Reha-Vorschlags der Agentur für die Hartz IV-Träger verbindlich sein.

  • Im Haushalt der Hartz IV-Träger müssten die Mittel für Teilhabeleistungen aufgestockt und ein eigenes Budget für berufliche Reha eingerichtet werden, damit die Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation – bei begrenzten finanziellen Mitteln – nicht gegenüber kürzeren und weniger kostenintensiven Instrumenten wie z. B. 1-Euro-Jobs das Nachsehen haben. Um längerfristigen und nachhaltigen Maßnahmen im Hartz IV-System einen größeren Stellenwert einräumen zu können, müssen ebenso die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, dass bei anerkanntem Bedarf rechtsverbindlich auch die Haushalte der nächsten Jahre in stärkerem Maße belastet werden können. Bei einer zweijährigen Reha-Maßnahme müssen z. B. finanzielle Verpflichtungen auch für die nächsten zwei Jahre eingegangen werden können.

  • Dringend korrigiert werden muss ebenso, dass das beitragsfinanzierte Versicherungssystem für die berufliche Ersteingliederung von jüngeren Fürsorgeempfängern aufkommen muss. Die Finanzierung der beruflichen Ersteingliederung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die vorrangig über Steuermittel und nicht über Beiträge zur Arbeitslosenversicherung finanziert werden sollte. In den nächsten Jahren wird der Bund aber keine Steuerzuschüsse mehr an die Bundesagentur für Arbeit zahlen. Deshalb sollte der Bund sicherstellen, dass mindestens die Hälfte der Aufwendungen für die Ersteingliederung über Steuermittel und nicht länger über Beiträge finanziert werden muss.

  • Für die optierenden Kommunen muss zunächst die notwendige Transparenz zur beruflichen Reha hergestellt und nachfolgend analoge Regelungen angestrebt werden.“

Quelle: arbeitsmarktaktuell des DGB, Nr. 7 / Oktober 2012


Sie können die vollständige Ausgabe von „arbeitsmarktaktuell“ hier als pdf-Datei herunterladen.

Verweise zu diesem Artikel:
Schlagworte zu diesem Beitrag: Öffentliche Beschäftigungspolitik, Ausbildung
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 15.10.2012