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Anforderungen an eine Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik

Die Mittel im Eingliederungstitel wurden seit 2010 um 2,7 Mrd. Euro reduziert. Eine konstante und hohe Anzahl langzeitarbeitsloser Menschen kann auf Grund der Mittelkürzung nicht mehr adäquat qualifiziert und beschäftigt werden. Das SGB II wird so seiner sozialen Verantwortung nicht gerecht.

Im Gegenteil: Durch die Sparpolitik wurden die Angebote zur arbeitsmarktlichen Integration und Teilhabe deutlich eingeschränkt und damit langzeitarbeitslose Personen systematisch ausgegrenzt. Obwohl die Bundesagentur für Arbeit selbst auf den hohen Betreuungsaufwand dieser Personengruppe verweist, wurde das Pro-Kopf-Budget im Vergleich zu 2008 um 28 Prozent von 1.277 Euro auf 922 Euro reduziert.

Will man eine dauerhafte Abkopplung und Marginalisierung dieses Personenkreises verhindern, muss das SGB II gezielter auf arbeitsmarktferne Personen ausgerichtet werden.

Im Fokus stehen zwei Gruppen, die rund 60 Prozent der Langzeitarbeitslosen umfassen:
  • Menschen, die sinnvolle und bedarfsgerechte Qualifizierungs- und Integrationsangebote benötigen, um mittelfristig in den Arbeitsmarkt integriert zu werden.

  • Menschen, für die auf Grund ihrer individuellen Problemlagen die Arbeitsaufnahme kein vorrangiges Ziel ist und die über die Schaffung von gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten langfristig wieder an den Arbeitsmarkt herangeführt werden müssen.

Dies macht folgende Reformen nötig:
  • Die Aufstockung des Eingliederungstitels um 2 Mrd. Euro pro Jahr.
    Fachleute fordern seit langem, die Kürzungen im Eingliederungstitel zurückzunehmen und die chronische Unterfinanzierung der Haushalte der Jobcenter aufzuheben. Die Qualität der Integrationsangebote muss verbessert werden, um Langzeitarbeitslosen eine echte Chance auf Teilhabe und Beschäftigung zu ermöglichen.

  • Die getrennte Ausweisung von Leistungen zur Eingliederung nach dem SGB II und von Verwaltungskosten im Rahmen des Eingliederungstitels, um verlässlich und nachhaltig auf der Ebene der arbeitsmarktlichen Instrumente Maßnahmeangebote finanzieren zu können. Die Jobcenter haben in den letzten Jahren beständig ihre Verwaltungsausgaben zu Lasten der operativen Mittel erhöht.

  • Die Erleichterung der Übertragbarkeit nicht verausgabter Mittel eines Haushaltsjahres in das Folgehaushaltsjahr.

  • Die dauerhafte, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von 400.000 Menschen im Rahmen eines sozialen und integrativen Arbeitsmarktes.
    Die Bundesagentur für Arbeit geht von 400.000 langzeitarbeitslosen Menschen aus, die nicht ohne massive Unterstützung in den ersten Arbeitsmarkt einzugliedern sind. Die Politik diskutiert derzeit über 100.000 bis 200.000 Plätze im Rahmen eines sozialen und integrativen Arbeitsmarktes. Dies ist angesichts des tatsächlichen Bedarfs zu wenig. Deshalb sollten bundesweit mindestens 400.000 Plätze eingerichtet werden. In diese Maßnahmen sind dann so wohl Qualifizierungs- wie Coaching Angebote integriert, um die Beschäftigungsfähigkeit effektiv und nachhaltig und ohne zusätzlichen administrativen Aufwand verbessern zu können.

  • Den Wegfall der Kriterien Zusätzlichkeit und Wettbewerbsneutralität.
    Langzeitarbeitslose Menschen in Beschäftigung verdrängen keine regulären Arbeitsplätze. Die Kriterien Wettbewerbsneutralität und Zusätzlichkeit behindern lebens- und beschäftigungsnahe Trainingsprozesse – und treiben Blüten wie Übungssupermärkte mit Plastikgurken und Spielgeld. Deshalb muss darauf verzichtet werden.

  • Die dauerhafte Einbeziehung von Fachverbänden in die Diskussionen der Beiräte der Jobcenter, unter der Voraussetzung, dass lokal relevante Förderentscheidungen auch tatsächlich von lokalen Akteuren (den einzelnen Jobcentern) getroffen werden.

  • Die weitere Monopolisierung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente durch und bei der Agentur für Arbeit muss gestoppt werden. Genutzt werden muss die Expertise von Trägern der lokalen Arbeitsmarktpolitik, zu denen auch die Beschäftigungs- und Weiterbildungsunternehmen gehören.

  • Die Neugestaltung des Ausschreibungsverfahrens zum Einkauf von Arbeitsmarktdienstleistungen im Sinne der Verbesserung der Qualität von Maßnahmen.
    Wir schlagen vor, im Anschluss an ein Interessenbekundungsverfahren in der Regel beschränkt auszuschreiben oder frei zu vergeben. Alle Förderinstrumente sind gemäß vorliegenden Bedarfen miteinander frei kombinierbar. Ausschreibende Stelle und Vertragspartner ist das jeweilige Jobcenter bzw. die jeweilige Arbeitsagentur.


Quelle: Stellungnahme der bag arbeit e.V. zur Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik vom 25. Oktober 2013


Schlagworte zu diesem Beitrag: Öffentliche Beschäftigungspolitik, Qualifizierung, Ausbildung
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 26.11.2013