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Weiterbildungsträger auf Konfliktkurs mit Gewerkschaften

Mit dem Mindestlohntarifvertrag hat ver.di erfolgreich eine „Untergrenze“ für die im pädagogischen Bereich tätigen Arbeitnehmer/innen in Unternehmen die überwiegend Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Buch des Sozialgesetzbuches erbringen eingezogen und verhindert damit weiteres Lohndumping. Auch die tarifvertragsverhandelnden Mitglieder der Zweckgemeinschaft des Bildungsverbandes begrüßten die allgemeinverbindlichen Mindestregelungen, weil damit die Voraussetzungen für faire Wettbewerbsbedingungen in der Branche geschaffen wurden. Auch wenn es noch zu Problemen mit Arbeitgebern kommt, die unterhalb des Mindestlohnes zahlen und sich beispielsweise nicht an die Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes im Krankheitsfall und an Feiertagen halten, wurde eine untere Auffanglinie eingezogen. Bei vielen Bildungsträgern hat der Mindestlohn zu einer Erhöhung der Gehälter – auch für langjährig Beschäftigte – geführt.

Nach dem Motto was stört mich das Geschwätz von gestern, wird der Mindestlohn nunmehr von einflussreichen Bildungsträgern zum Vorwand genommen, den Mindestlohn als Standardentgelt zu nehmen mit dem Ziel, die Gehälter auf dieses Niveau abzusenken. So hat das zum DGB gehörende bfw und die dazugehörigen Tochtergesellschaften alle mit ver.di abgeschlossenen Tarifverträge gekündigt. Wenn überhaupt ist das bfw bereit mit einzelnen Arbeitnehmer/innen individuelle Zulagen neben dem Mindestlohn abzuschließen.

Auch beim Internationalen Bund (IB) finden Tarifverhandlungen statt. Wegen der aktuellen Umstrukturierungen des Konzerns sollen neue tarifvertragliche Regelungen in einem Konzerntarifvertrag festgelegt werden. Die Arbeitgeber überraschten im Dezember jedoch mit ihrer Forderung, zunächst die Gehälter befristet abgesenkten Entgelte in Nordrhein-Westfalen in festzuschreiben. Der IB verfolgt das Ziel bundesweit zwei tarifvertragliche Niveaus (Berufliche Bildung und Weiterbildung) mit den Gewerkschaften zu vereinbaren.

Auch die Deutsche Angestellten-Akademie (DAA), die – ähnlich wie andere Bildungsträger auch – schon 2005 die Gehälter für neueingestellte Beschäftigte einseitig abgesenkt hat, sieht im Mindestlohn einen möglichen Standardlohn in der Branche. Sie geht sogar soweit, dass sie einen mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbarten Eckpunkt aus den letzten Entgeltverhandlungen zur Gewinnbeteiligung nicht weiter verfolgt und nicht umsetzt.

Diese Unternehmen bestimmen neben den Kolping Bildungswerken im Wesentlichen den Kurs in der Zweckgemeinschaft des Bundesverbandes der Träger beruflicher Bildung (BBB) e. V. dem Tarifpartner beim Mindestlohntarifvertrag und dem Branchentarifvertrag.

Vor diesem Hintergrund müssen die am 14./15. Januar 2014 mit der Zweckgemeinschaft des Bildungsverbandes begonnenen Tarifverhandlungen über einen Branchentarifvertrag gesehen werden. Ziel dieser Verhandlungen ist es, für die Unternehmen der Weiterbildungsbranche einheitliche Mantel- und Entgeltregelungen zu schaffen.

Schwerpunktmäßig wurden in den Verhandlungen die Themenbereiche „Freizeitfahrten“ und „Qualifizierung“ diskutiert. Die Gewerkschaften haben wegen der nicht rechtssicher gestalteten „Freizeitfahrten“ eine tarifvertragliche Regelung angemahnt. Eine Verlängerung der Arbeitszeit bei diesen Maßnahmen soll nur auf Basis eines Tarifvertrages möglich sein. Gleichzeitig soll tarifvertraglich ein Ausgleich für die Beanspruchungen und Belastungen der begleitenden Weiterbildner/innen bei diesen mehrtägigen Fahrten mit Übernachtungen geregelt werden. Einen Konsens über tarifvertragliche Regelungen gab es noch nicht.

Weitgehende Einigkeit bestand in der Frage tarifvertragliche Regelungen zur Qualifizierung zu schaffen. Die Notwendigkeit von Fort- und Weiterbildungen und die Schaffung eines lernfreundlichen Betriebsklimas in den Weiterbildungsunternehmen wurden als gemeinsame Ziele formuliert. Individuelle Qualifizierungsansprüche der Arbeitnehmer/innen wurden von den Arbeitgebervertretern bislang allerdings abgelehnt.

In den Verhandlungen wurden Standpunkte zu Fragen der Arbeitszeit und Urlaubsansprüche ausgetauscht, ohne dass es zu Ergebnissen kam. Auch die Forderung den TV Verwaltung wieder in Kraft zu setzen wurde von den Arbeitgebervertretern abgelehnt. Weiter Verhandlungsbedarf gibt es auch zum Thema Befristung. Die Tarifverhandlungen über einen Branchentarifvertrag werden am 20. März 2014 fortgesetzt.

Die Tarifsituation in der Weiterbildungsbranche und das dazugehörige Handeln der Arbeitgeber ist neu zu bewerten. Den Mindestlohn als Begründung für beabsichtigte Gehaltssenkungen heranzuziehen – wie die Arbeitgeber argumentieren - ist absurd. Im Gegenteil – der Mindestlohn hat bei Dumpinganbietern dazu geführt, dass Gehälter nach oben korrigiert wurden, so dass sich auch die Preissituation im heiß umkämpften Markt der Arbeitsmarktdienstleistungen entspannt hat. Auf einer tarifpolitischen Konferenz wird ver.di ihre tarifpolitischen Ziele und Absichten in der Weiterbildungsbranche überdenken. Auch wie die Organisationsmacht der Gewerkschaften und die Durchsetzungsstärke der Beschäftigten in der Weiterbildungsbranche erhöht werden kann.



Von Maren Kaltschmidt, Walter Lochmann, Hans-Jürgen Sattler


Schlagworte zu diesem Beitrag: Mindestlohn, Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 25.02.2014