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Hohe soziale Standards bei Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen sicherstellen

Position zur Umsetzung der EU - Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe (Richtline 2014/24/EU) in Hinblick Arbeitsmarktdienstleistungen

Am 28. März 2014 sind die neuen EU-Vergaberichtlinien veröffentlicht worden. Die drei Richtlinien zur Modernisierung des EU-Vergaberechts sind damit am 17. April 2014 in Kraft getreten und müssen innerhalb von zwei Jahren in das deutsche Recht umgesetzt werden. Nachdem sich die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und die EU-Kommission bereits im Juni 2013 auf die neuen Richtlinientexte geeinigt hatten, haben das Europäische Parlament (15. Januar 2014) und die Mitgliedstaaten (11. Februar 2014) die neuen EU-Vergaberichtlinien Anfang des Jahres 2014 auch formal angenommen.

Die Arbeitsgruppe Weiterbildung des Fachbereichs Bildung, Wissenschaft und Forschung in ver.di hat eine Position zur Umsetzung der EU - Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe (Richtlinie 2014/24/EU) in Hinblick auf Arbeitsmarktdienstleistungen erarbeitet und beschlossen. Die Position der AG Weiterbildung wurde am 1. September 2014 vom ver.di Bundesvorstand übernommen.


Beschluss:

Der ver.di Bundesvorstand spricht sich für eine Vergabepraxis von Arbeitsmarktdienstleistungen aus, die deren Besonderheiten Rechnung trägt und fordert daher eigenständige (autonome) Vergaberegelungen, die hohe soziale und ökologische Standards gewährleisten. Sichergestellt werden muss, dass nur Weiterbildungsunternehmen sich an Ausschreibungen beteiligen können, die soziale, tarifliche und qualitätsorientierte Standards erfüllen (Vorprüfung). Dazu zählen insbesondere die Einhaltung von Tarifverträgen, angemessene Quotenregelungen für befristete Arbeitsverhältnisse und Honorarbeschäftigte. Bei den Zuschlagskriterien sind neben der Qualität, die Organisation, Qualifikation und die Erfahrung des mit der Durchführung der Maßnahmen eingesetzten Personals zu berücksichtigen. Der Preis oder die Kosten dürfen bei den Arbeitsmarktdienstleistungen nicht entscheidendes Zuschlagskriterium sein.

Begründung:

1. Hintergrund


Am 28. März 2014 sind die neuen EU-Vergaberichtlinien im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden. Die drei Richtlinien zur Modernisierung des EU-Vergaberechts sind damit am 17. April 2014 in Kraft getreten und müssen innerhalb von zwei Jahren in das deutsche Recht umgesetzt werden. Nachdem sich die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und die EU-Kommission bereits im Juni 2013 auf die neuen Richtlinientexte geeinigt hatten, haben das Europäische Parlament (15. Januar 2014) und die Mitgliedstaaten (11. Februar 2014) die neuen EU-Vergaberichtlinien Anfang des Jahres 2014 auch formal angenommen.

Die Arbeitsmarktdienstleistungen regelt die Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Aufträge (RL 2014/24/EU). Ziele der Novellierung des EU-Vergaberechts sind eine Vereinfachung und Flexibilisierung der Vergabeverfahren, eine Erweiterung der elektronischen Vergabe sowie die Verbesserung des Zugangs für kleine und mittlere Unternehmen zu den Vergabeverfahren. Zudem sollen künftig strategische Aspekte zur Erreichung der Europa 2020-Ziele (insbesondere soziale und umweltpolitische Ziele) stärker in den Vergabeverfahren berücksichtigt werden.

2. Bisherige Praxis führt zu Verwerfungen


ver.di kritisiert schon seit längerem, dass Arbeitsmarktdienstleistungen nach dem Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Wettbewerbsrecht dem Vergaberecht unterworfen sind. Die bisherige Vergabepraxis hat zu starken Verwerfungen geführt. Der so wettbewerblich ausgerichtete Markt für Arbeitsmarktdienstleistungen ist nicht geeignet, dauerhaft eine hohe Qualität zu gewährleisten. Der durch die Vergabepraxis ausgeübte Konkurrenzdruck auf die einzelnen Weiterbildungsunternehmen hat die Arbeitsbedingungen zunehmend prekarisiert. Sinkende Gehälter beim eingesetzten Personal, zunehmend befristet Beschäftigte und ein steigender Einsatz von Honorarkräften (Scheinselbstständigen) zählen dazu.

3. Arbeitsmarktdienstleistungen speziell regeln


Arbeitsmarktdienstleistungen sind personalisierte Dienstleistungen. Sie sind insbesondere durch zwei konstitutive Merkmale gekennzeichnet: Das Ergebnis ist immateriell und die Leistungserstellung geschieht unter Mitwirkung des Kunden.

Dies bedeutet auch, dass sie gekennzeichnet sind durch ein hohes Maß an Heterogenität und Individualität (personalisiert) in Verbindung mit persönlichen Interaktionen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Leistungserbringer zwei Kunden gleichermaßen gerecht werden muss, nämlich A) dem Auftraggeber, der die Kosten der Leistung trägt und B) dem Kunden des Kostenträgers, an und mit dem die Leistung erbracht wird. Dies unterscheidet Arbeitsmarktdienstleistungen von den meisten anderen Gütern und Leistungen, die von öffentlichen Auftraggebern im Rahmen der Vergabepraxis eingekauft werden.

Artikel 74 ff. der Richtlinie 2014/24/EU regelt die Vergabe von Aufträgen für soziale und andere besondere Dienstleistungen. Danach haben die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass einzelstaatliche Regelungen auch für die Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen normiert werden. Der EU- Richtliniengeber verdeutlicht mit dieser eigenständigen Regelung in der Richtlinie, dass von den anderen Vergaberegelungen abgegrenzte Bestimmungen für Arbeitsmarktdienstleistungen getroffen werden sollen. Damit wird den Besonderheiten dieser Arbeitsmarktdienstleistungen Rechnung getragen.

4. Hohe soziale und Qualitätsstandards im Vergaberecht normieren


Nach Artikel 18 Absatz 2 der Richtlinie 2014/24/EU haben die Mitgliedsstaaten zu sorgen, dass die Unternehmen bei der Ausführung der ausgeschriebenen Maßnahmen die geltenden umwelt-, sozial und arbeitsrechtlichen Verpflichtungen einhalten, die durch Rechtsvorschriften der Union, einzelstaatliche Rechtsvorschriften und Tarifverträge festgelegt werden. Es ist nicht nur der in der Weiterbildungsbranche geltende Mindestlohn bei der Vergabe zu berücksichtigen, sondern auch weitere tariflich geregelte Arbeitsbedingungen in der Branche. Insbesondere sind (niedrige) Quoten für die Befristung von Verträgen und Beschäftigung auf Honorarbasis zu berücksichtigen.

Da bei den Arbeitsmarktdienstleistungen die Qualität und Erfahrung des eingesetzten Personals ausschlaggebende Bedeutung für das Niveau der Auftragsausführung hat, ist dies bei der Auftragsvergabe besonders zu berücksichtigen. Die derzeit bestehenden Einschränkungen in § 4 Absatz 2 VgV (maximal 25 % Gewichtungsanteil an den Zuschlagskriterien Berücksichtigung des Erfolgs, und der Qualität bereits erbrachter Leistungen zur Beurteilung der Organisation, Qualifikation und Erfahrung des eingesetzten Personals) sollen entfallen. Zu berücksichtigen ist die Einbindung des Anbieters in die Strukturen des örtlichen und regionalen Arbeitsmarktes, gleichfalls ein pädagogisches und arbeitsmarktpolitisches Gesamtkonzept. Die Entscheidung über den Zuschlag darf nicht allein aufgrund des Preises erfolgen.



Schlagworte zu diesem Beitrag: Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 08.09.2014