Der Kommentar

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Rechte habe ich keine – ein Honorarjahr in der Weiterbildung

Als Dozentin in der Weiterbildung auf Honorarbasis jage ich unfreiwillig ständig neuen Aufträgen hinterher, zur Ruhe komme ich nicht. Aufträge und Projekte platzen, sind befristet oder werden aus seltsamen Gründen wieder entzogen. Honorare werden nicht oder nicht rechtzeitig überwiesen. Pädagogische und konzeptionelle Arbeit sind genauso unmöglich wie eine Absicherung oder Lebensplanung.

Anfang des Jahres
Super! Habe zwei bis drei Tage bei einem Bildungsträger fest, Aufträge an der Uni und gebe an zehn Wochenenden Seminare über ein halbes Jahr verteilt in einer Einrichtung in Schleswig-Holstein. Damit kann ich mein regelmäßiges Geld verdienen und mich auf die Umsetzung der Aufträge konzentrieren.

Ende April
Der Bildungsträger verkündet, dass die Honorare zum Mai gekürzt werden – ein Schlag in die Magengrube! Mit dem Geld hatte ich fest gerechnet.

Juni
Ich hatte Vorstellungsgespräche für interessante Aufträge, neue Aufträge. Der Geldfluss scheint doch gesichert, werde meine Miete und Krankenkasse bezahlen können.

Mitte Juli
Die Uni hat immer noch nichts überwiesen. Ab zur Arbeitsagentur? Was kann ich tun? Und aus den neuen Aufträgen ist nichts geworden, meine Honorarvorstellung war höher als 16,00 Euro die Stunde. Jetzt wird es doch eng mit dem Geld. Ich habe keine Reserven, lebe bereits vom Dispo. Und das Sommerloch kommt.

September
Der Bildungsträger verkündet, dass das Projekt kurzfristig endet. Das kann ich jetzt gar nicht gebrauchen. Wieder Honorarausfall. Zum Glück gibt es ja noch den Auftrag in Schleswig-Holstein.

Oktober
Habe einen kleinen Auftrag, vier Stunden die Woche à 18,00 Euro, an Land gezogen. Das ist nicht genug, aber besser als nichts. Es reicht aber nicht, um meine Kosten zu decken.

November
Heute kam eine Hiobsbotschaft, aus heiterem Himmel: Der Auftrag in Schleswig-Holstein wurde mir von heute auf morgen entzogen. Keine Fürsorgepflicht des Trägers, kein Gespräch, kein wirklicher Grund, aber eine Teilnehmerin hat sich über mich beschwert Kann ich dagegen rechtlich etwas unternehmen? Den Verdienstausfall einklagen? Und vor allem, wie komme ich schnell wieder an neue Aufträge?

Dezember
Schon wieder neue Gespräche, aber noch kein Auftrag in Sicht. Das Geld der Uni ist immer noch nicht da, Weihnachten vor der Tür. Auf meinem Konto wird es allmählich eng, ich kann die Miete nicht mehr bezahlen.

Was soll ich denn jetzt nur tun?


ein Beitrag aus der ver.di-AG Freie und Honorarkräfte Hamburg


Schlagworte zu diesem Beitrag: Freiberufler/Selbstständige, Honorar
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 01.06.2015