Der Kommentar

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Von einem, der auszog, als Honorardozent zu arbeiten – ein Erlebnisbericht

Vorausschicken möchte ich, dass mir die Kerntätigkeit in der Erwachsenenbildung – das Unterrichten in unterschiedlichen Zusammenhängen, Fächern und mit unterschiedlichen Teilnehmern und Biografien – weiterhin Spaß macht. Was mich aufregt, sind die Rahmenbedingungen und Begleitumstände.

Da ist zum einen die ständige Unsicherheit, ob angekündigte Kurse zum vorgesehenen Datum, in vorgesehener Form und im geplanten Umfang stattfinden. Kurse werden ohne Nennung von Gründen und ohne Einhaltung irgendwelcher Fristen abgesagt, vollmundige Versprechungen von Projektleitern nicht eingehalten. So wurde mir von einem Tag auf den anderen von einem Auftraggeber ein Kurs im Umfang von zehn Stunden gestrichen, als Bonbon vier Stunden wieder dazu gegeben – trotzdem ein plötzliches Minus von 500 Euro im Monat. Organisatorische Mängel – nur zwei bis vier Wochen Vorlaufzeit nach Auftragserhalt bei einem anderen Bildungsträger – führten beispielsweise dazu, dass die Teilnehmer vier Wochen nach Hause geschickt wurden.

Dass dies nicht nur ärgerlich ist, sondern auch Konsequenzen hat, ist klar: Zum einen muss ich neben der eigentlichen Unterrichtstätigkeit ständig neue Aufträge akquirieren – was immer dauert, bis Kontakte geknüpft sind, die Vereinbarkeit mit anderen Aufträgen hergestellt und aus kurzfristigen Einsätzen längere werden. Zum anderen leidet bei dieser ruppigen Vorgehensweise auch ein mögliches vertrauensvolles Arbeitsverhältnis und zielgerichtete Ergebnisse werden schwer erreichbar.

Mangels Alternativen bei den Auftraggebern im Bereich der geförderten Maßnahmen von Bildungsträgern, entsteht für die Honorardozent_innen ein großes unternehmerisches Risiko und eine große Abhängigkeit – auch durch Ausfälle wie auftragslose Zeiten, Schulferien, Krankheit, oder unbezahlten Urlaub. Diese Abhängigkeit setzt sich in der Vertragsgestaltung fort: Diese wird allein durch den Auftraggeber bestimmt, der festlegt, dass Mehraufwand nicht vergütet wird. So wurde von mir beispielsweise ein zweitägiger Mehraufwand für Abschlussklausuren in drei Fächern – Konzipierung der Arbeiten, Korrektur und Führung von Statistiken – von einem Auftraggeber stillschweigend erwartet, aber natürlich nicht honoriert.

Honorare werden einseitig vom Auftraggeber festgesetzt und gern nach unten korrigiert. Natürlich gibt es auch keine regelmäßige Vergütung von Fahrtzeiten, die einen Großteil der verfügbaren Einsatzzeit ausmachen. Nicht wenige Auftraggeber verlangen, dass man für einen 90-minütigen Einsatz noch einmal das gleiche an Fahrtzeit investiert – für jeden Handwerker unvorstellbar.

Von dem schwankenden Honorar, auf das das Finanzamt sowie die Krankenkasse (erhöhter Satz bei freiwilliger Versicherung rund 360 Euro im Monat) Zugriff hat, dann noch für auftragslose Zeiten etwas zurückzulegen oder gar für das Alter vorzusorgen, ist schlichtweg nicht möglich. Von einer sozialen Absicherung, wie sie Angestellte genießen, können wir Dozent_innen nur träumen.

Regelmäßige und pünktliche Zahlungseingänge sind nicht selbstverständlich – manches Mal muss man auch Zahlungen anmahnen. Die Kosten des Dispositionskredits trägt der Dozent.

Mangelnde Kommunikation ist ein großes weiteres Ärgernis: Mails und Anrufe zwecks Koordination bleiben von Projektleitern oft unbeantwortet. Meine Hebel, transparente Kommunikation herzustellen, sind begrenzt. Einen respektvollen Umgang stelle ich mir anders vor.

Nicht zuletzt kommt zu den anderen ungünstigen Rahmenbedingungen Vereinzelung hinzu: Den Austausch mit Kollegen, den Zusammenschluss und die Solidarisierung muss man sich selbst mit hohem Aufwand organisieren. Smalltalk, Austausch und Anbindung an ein Team, wie bei Angestellten selbstverständlich, sind kaum gegeben.

Alle diese Umstände führen dazu, dass mir ein Beruf, der eigentlich erfüllend sein sollte, zunehmend verleidet wird. Diese Rahmenbedingungen stellen eine mangelnde Wertschätzung dieses Bereichs der Erwachsenenbildung dar, die schon seit einigen Jahren zu verzeichnen ist und die leider wohl noch länger anhält.


ein Beitrag aus der ver.di-AG Freie und Honorarkräfte Hamburg


Schlagworte zu diesem Beitrag: Freiberufler/Selbstständige
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 01.06.2015