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Anforderungskatalog an die qualitative Gestaltung von Sprach- und Integrationskursen für Geflüchtete

Positionspapier des ver.di - AK Weiterbildung Niedersachsen des Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung in ver.di

Die Zunahme der Zahl an Geflüchteten in Deutschland hat zu einem sehr großen Bedarf an Quali-fizierungen für Geflüchtete geführt.

Der erste, wichtigste Schritt, um ein „Ankommen“ in unserem Land überhaupt zu ermöglichen, ist das Erlernen der Sprache. Aus diesem Grunde ist in den letzten Monaten im Bereich der Sprachkurse ein immenser Bedarf entstanden, der mit den vorhandenen Ressourcen abgedeckt werden muss.

Im ver.di-Arbeitskreis Weiterbildung in Niedersachsen sind die unterschiedlichsten Träger der Weiter-bildung zusammengeschlossen. Wir setzen uns für gute Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung un-serer Kolleginnen und Kollegen ein.

Selbstverständlich geht es bei in den festzulegenden Standards auch um die Bedürfnisse der Men-schen, die in unser Land kommen. Ebenso wichtig sind aber auch verlässliche Standards für die Be-schäftigten in den betreffenden Maßnahmen. Denn ohne Qualitätssicherung kann keine gute Arbeit im Sinne der zu Schulenden stattfinden.

Für uns ist es daher wichtig, dass dieser plötzliche Anstieg an Schulungsbedarf nicht zu einer Aufweichung der bisher bestehende Standards und Anforderungen an Qualifizierungen führt. Insbesondere im Bereich der Sprach- und Integrationskurse mussten wir jedoch feststellen, dass die Anforderungen immer weiter abgesenkt wurden. Dies darf für uns nicht sein und wir sehen hier dringenden Anpassungsbedarf, um die Abwärtsspirale in der Qualität der Angebote zu stoppen. Die Lohn- und Arbeitsbedingungen müssen an die Anforderungen angepasst werden. Es werden dringend Beschäftigte im Weiterbildungsbereich gesucht. Dieser so genannte Fachkräftemangel existiert aber nur, wenn man nicht bereit ist, Beschäftigte ausreichend zu bezahlen und ihnen faire Arbeitsbedingungen zu bieten.

Damit die Qualität und Nachhaltigkeit dieser Sprachkurse sichergestellt wird, ist es unbedingt erforderlich, dass die mindestens bestehenden Qualitätsstandards eingehalten werden. Nur eine gute Qualität der von uns angebotenen Sprachkurse garantiert, dass die Menschen, die zukünftig bei uns leben und arbeiten werden, für die auf sie zukommenden Anforderungen gerüstet sind.

Um diese Qualität sicher zu stellen, haben wir 6 Anforderungen formuliert, die zur Durchführung eines effektiven und nachhaltigen Sprachkurses unbedingt erforderlich sind.

Unsere Anforderungen beziehen sich auf die in Niedersachsen durch die Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung (AEEB) geförderten sogenannten AEWB-Sprachkurse, auf die vom Bundesamt für Migration (BAMF) geförderten Integrations- und Alphabetisierungskurse sowie auf alle weiteren ggf. noch durch andere Stellen und/oder (Förder-)Richtlinien geförderten Sprachkurse.

1. Angemessene fachliche und methodische Qualifikation der Mitarbeiter/innen

Dozenten und Mitarbeiter/innen im Bereich der Sprachkurse für Geflüchtete müssen im Vorfeld ausreichend qualifiziert sein bevor, sie im Unterricht eingesetzt werden. Hier dürfen die bereits in anderen Schulungen dieser Art vorgegebenen Standards nicht heruntergesetzt werden.

Die Arbeitgeber müssen sich verpflichten, zeitnah Weiterbildungen anzubieten, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemäß den Anforderungen zu qualifizieren. Sie dürfen hier nicht aus der Verantwortung ge¬nommen werden.

Mit einer angemessenen fachlichen und methodischen Qualifikation kann Überforderung vermieden und eine qualitativ hochwertige Unterrichtsleistung gewährleistet werden. Optimal wäre
  • Lehramtsstudium Deutsch mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ) oder
  • Lehramtsstudium einer anderen Sprache oder
  • Germanisten mit Unterrichtserfahrung

Zusätzliche Anforderungen die gegeben oder im Rahmen von Nachschulungen durch den Träger erreicht bzw. angestrebt werden sollten sind
  • ADA-Schein
  • Qualifizierte interkulturelle Schulungen
  • Qualifizierte Trauma-Fortbildung
  • an dem jeweiligen Teilnehmerkreis orientierte Sprachkenntnisse
  • Dozenten, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, müssen in Deutsch mindestens über das Sprachniveau C1 verfügen
  • Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Migranten/innen bzw. Flüchtlingen

2. Angemessener sächlicher Rahmenbedingungen orientiert an den Bedarfen der einzelnen Maßnahmen
  • Angemessene Räume, Sozialräume und sanitäre Anlagen
  • Gestellung von Geräten und Materialien
  • ein am Teilnehmerkreis und den jeweiligen Rahmenbedingungen orientiertes Curriculum
  • Teilnehmerzahl nicht höher als 16 Personen, was bei der Finanzierung der diversen Maßnahmen entsprechend berücksichtigt werden muss

3. Garantierte regelmäßige fachliche Begleitung und Beratung der DozentenInnen
  • Kollegiale Beratung
  • Supervision
  • Beratung zum Umgang mit traumatisierten Menschen
  • Unterstützung in der regionalen Vernetzung

4. Bereitstellung von Informationsmaterialien an die Teilnehmer
  • Angemessene Erstberatung
  • Information über die Lehrgangsbedingungen (Inhalte, zur Verfügung stehende Materialien etc).
  • Sicherheitsunterweisung

5. Tarifliches Entgelt
  • Bezahlung sowohl des angestellten als auch des auf Honorar-Basis beschäftigten Personals in Anlehnung an einen entsprechenden Tarifvertrag wie TVL oder TVÖD
  • vergütete Vor- und Nachbereitungszeiten

6. Verwaltungstechnische Vereinfachung
  • Angleichung der Antrags- und Abrechnungsverfahren für die unterschiedlichen Arten von Sprachkursen
  • Vereinfachung der Maßnahmeverwaltung (z.B. Kompatibilität der Listen und Formulare)




Schlagworte zu diesem Beitrag: Freiberufler/Selbstständige, Volkshochschule, Integrationskurse
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 27.06.2016