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Magdeburger Erklärung vom 10. Oktober 2016

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Vorbemerkung

Es ist unbestritten: Die Weiterbildung gewinnt an Bedeutung, ihr Umfang wächst. Die ver.di-Arbeitsgruppe Weiterbildung des Fachbereichs Bildung, Wissenschaft und Forschung stellt aber fest: Es gibt eine deutliche Diskrepanz zwischen dem allseits betonten Bedeutungszuwachs und der Realität. Es geht um Defizite bei der Information über die Angebote und der Transparenz der Angebote, bei den Zugangsmöglichkeiten, der Qualität und den Abschlüssen, der Durchlässigkeit zum Arbeitsmarkt und bei den Anforderungen an die Arbeitnehmer_innen in den einzelnen Weiterbildungssegmenten.

Die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer_innen und Honorarbeschäftigten in der Weiterbildung sind fast immer prekär. Geringe Entlohnung, ausufernde Befristungspraxis und Honorartätigkeit kennzeichnen diesen Arbeitsmarkt. Deshalb sieht die ver.di-Arbeitsgruppe Handlungsbedarf: für die Politik auf allen Ebenen, aber auch bei den Unternehmen und in den Weiterbildungseinrichtungen.

Darum mischen wir uns ein

Die Gesellschaft und die Arbeitswelt verändern sich. Die Anforderungen im Arbeitsalltag steigen, aber die Ressourcen zu ihrer Bewältigung werden immer weniger. Immer mehr Verantwortung wird auf die einzelne Arbeitnehmerin, den einzelnen Arbeitnehmer übertragen. Aus unserer Sicht müssen die Menschen künftig mehr Kenntnisse und Schlüsselqualifikationen erwerben, um in ihrem Alltag zu bestehen und ihre Arbeit zu bewältigen. Lebenslanges Lernen wird für sie immer wichtiger. Das bedeutet auch eine Veränderung der betrieblichen und gewerkschaftlichen Interessenpolitik.

Unsere Grundsätze zur Bildung und Weiterbildung

Bildung ist ein Menschenrecht, ist die Voraussetzung für einen verantwortungsvollen Umgang des Menschen mit sich selbst, mit anderen Menschen und der Umwelt. Lebensbegleitende Bildung ermöglicht ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben, erlaubt kulturelle, soziale und demokratische Teilhabe, Mitbestimmung in Betrieb und Gesellschaft.

Bildung und Weiterbildung sichern den Zugang zu Arbeit und Beruf und sind damit notwendig, wenn es um faire Lebenschancen geht. Ein demokratisches Gemeinwesen entwickelt sich nur weiter, wenn die Menschen selbstbewusst, kompetent und engagiert etwas dafür tun.

ver.di setzt sich für ein leistungsfähiges, gerechtes Bildungssystem und einen aktiven Sozialstaat ein, der lebensbegleitende Bildung ermöglicht und Beteiligung an Bildung und Weiterbildung fördert. Wir wollen, dass allen Menschen, unabhängig von ihrer sozialen, religiösen und kulturellen Herkunft, unabhängig von möglichen Beeinträchtigungen, der Weg zu guter Bildung offensteht.

Weiterbildung als besondere Form der Bildung

Die Weiterbildung umfasst das Lernen zur Berufsorientierung und nach einem berufs-qualifizierenden Abschluss. Lange Zeit galt dabei die Aufteilung in allgemeine / allgemeinbildende, politische und berufliche Weiterbildung.

Die Weiterbildungsbranche ist sehr heterogen, was die Organisationen und Institutionen betrifft, die Weiterbildung durchführen. Die größte Gruppe stellen Einrichtungen mit privatwirtschaftlicher Rechtsform und kommerzieller Ausrichtung dar. Dazu zählen Träger wie Kirchen, Gewerkschaften, Parteien, Stiftungen, Verbände oder Vereine. Jede zehnte Einrichtung ist eine Volkshochschule, ein wirtschaftsnahes Bildungszentrum einer Kammer, Innung oder eines Berufsverbandes oder eine berufliche Schule. Auf betriebliche Bildungseinrichtungen, zu denen zum Beispiel Bildungsabteilungen von Großbetrieben gehören, die für externe Kunden arbeiten, entfallen nur geringe Anteile. Das gilt auch für (Fach-) Hochschulen und wissenschaftliche Akademien bzw. deren Weiterbildungszentren. Weiterbildung wird immer stärker privatisiert und den Regeln des Marktes untergeordnet.

Berufliche Weiterbildung wird im Rahmen arbeitsmarktpolitischer Instrumente nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II / III) durchgeführt: in Form von Aufstiegsförderung, betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen, Kursangeboten der Volkshochschulen, Fachschulen und Fernlernen. Als zentrales und prägendstes Segment der öffentlich geförderten Weiterbildung ist sie sozialpolitisch und arbeitsmarktpolitisch begründet.

Ziel der Weiterbildung ist es, Bildungschancen für alle zu eröffnen. Betrachtet man Zu-gang und Beteiligung, stellt man jedoch fest, dass sie eher selektiv ist, immer verbunden mit der Gefahr, gesellschaftliche Unterschiede und Brüche zu verfestigen. Im Bereich der betrieblichen Weiterbildung gilt die sogenannte „auf den Kopf gestellte Pyramide“: Je höher die geforderte Qualifikation und die Stellung in der Hierarchie, desto besser sind die Qualifikationsangebote und die Beteiligung – und umgekehrt.

Die Weiterbildung gleicht einem Flickenteppich. Strukturen und Förderangebote sind unübersichtlich. Es gibt wenig Transparenz, zu geringe an den Arbeitnehmerinteressen orientierte Beratungsmöglichkeiten und unzureichende Sicherheit, was die rechtlichen Ansprüche gegenüber Arbeitgebern bzw. staatlichen Fördermöglichkeiten für Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen angeht. Angesichts der Intransparenz der Weiterbildungswege ist es notwendig, eine lebensbegleitende Berufs- und Bildungsberatung in öffentlich-rechtlicher Verantwortung aufzubauen.

Gleichzeitig fordert die ver.di-AG Weiterbildung, folgende Punkte einzuführen:
  • - den Rechtsanspruch auf Weiterbildung für alle Beschäftigten über Bildungsurlaub hinaus

  • die Einführung einer geförderten Bildungsteilzeit

  • den Rechtsanspruch auf berufliche Weiterbildung in den Sozialgesetzbüchern II und III

Außerdem setzt sich die AG dafür ein, dass die arbeitsmarktpolitischen Anstrengungen für Qualifizierung und Weiterbildung im Kontext einer allgemeinen Weiterbildungsstrategie entwickelt werden.

Berufliche Weiterbildung verbessern

Der gesellschaftliche, strukturelle und demografische Wandel stellt neue Anforderungen an Qualifikationen. Berufliche Weiterbildung muss sich dieser Herausforderung stellen. Sie soll der Polarisierung durch die relative Zunahme gering- und hochqualifizierter Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt entgegenwirken und einen Beitrag zur Chancen-gleichheit leisten. Eine gute Ausbildung und lebensbegleitendes Lernen sind Grundlagen für die persönliche und berufliche Weiterentwicklung von Arbeitnehmer_innen, ihre Beschäftigungsfähigkeit und für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Weiterbildung eröffnet Chancen für alle. Sie
  • ermöglicht Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt,

  • wirkt der steigenden Aufspaltung der Gesellschaft in oben und unten entgegen,

  • motiviert und öffnet Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Aufstiegswege,

  • schafft einen gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Gewinn.

Damit die berufliche Weiterbildung den Herausforderungen auch unter sich verändernden Bedingungen gewachsen ist, brauchen wir Verlässlichkeit der Standards und der beruflichen Perspektiven in der Weiterbildung.

Deshalb fordern wir eine aktive staatliche Weiterbildungspolitik. Sie muss gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen, die das Recht auf Weiterbildung ebenso garantieren wie Lernzeiten und eine geregelte Finanzierung, mehr Beratung, Transparenz und Qualitätssicherung.
Das arbeitsmarktpolitische Instrument der öffentlich geförderten Beschäftigung muss weiterentwickelt werden. Es ist eine Möglichkeit, insbesondere arbeitsmarktferne Langzeitarbeitslose an die Anforderungen des ersten Arbeitsmarkts heranzuführen und ihre Chancen auf Teilhabe zu erhöhen.

Berufliche Rehabilitation stärken

Die Berufsbildungswerke für Jugendliche und junge Erwachsene ohne Berufsabschluss und die Berufsförderungswerke für Erwachsene haben eine bundesweite Infrastruktur aufgebaut und ihre Arbeit den Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen angepasst. Ein wesentlicher Schritt auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft ist die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben. Hierzu leisten die Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation einen entscheidenden Beitrag, indem sie durch eine qualifizierte Ausbildung den Weg in den Arbeitsmarkt ebnen. Das seit Jahrzehnten funktionierende Netz aus Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, mittlerweile ergänzt um weiter anerkannte Träger, muss bedarfsgerecht finanziert werden.

Die Qualifikation der Beschäftigten ist genau auf diese Anforderungen ausgerichtet. Menschen mit Behinderungen haben auf dem Arbeitsmarkt noch immer schlechtere Chancen. Nur durch eine gute Qualifikation ist es möglich, diese Chancen zu verbessern. Die auch im Bereich der beruflichen Rehabilitation immer wieder gestellte Forderung nach kürzeren Maßnahmen mit einer Teilqualifikation widersprechen dem Ziel einer langfristigen Vermittlung der Menschen mit Behinderungen in den ersten Arbeitsmarkt. Nur durch eine hochwertige, abschlussbezogene Qualifizierung, die mit einem Kammer-abschluss endet, ist dieses Ziel zu erreichen.

Erwachsenenbildung: Politische Bildung fördern

Globalisierung und Wanderungsbewegungen, Digitalisierung von Arbeit und Arbeits-prozessen, Zunahme der prekären Beschäftigungsverhältnisse, all dies verunsichert immer mehr Menschen. Je schneller sich unsere Gesellschaft verändert, je größer die Verunsicherung, desto mehr gewinnt die politische Bildung an Bedeutung – auch um den Schutz- und Sicherheitsversprechen der rechtspopulistischen Bewegungen zu begegnen.

Nach unseren Vorstellungen soll politische Bildung dazu beitragen, dass jeder Mensch an der Gesellschaft teilhaben kann. Laut Oskar Negt ist „Demokratie die einzige politisch verfasste Gesellschaftsordnung, die gelernt werden muss – immer wieder, täglich bis ins hohe Alter“. Dieser Grundsatz gilt in Zeiten gesellschaftlichen Wandels mehr denn je. Zur politischen Bildung gehören Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Solidarität.

Ausbildung und Erwerbschancen von Geflüchteten und Zuwander_innen verbessern

Allein im Jahre 2015 kamen gut eine Million Menschen nach Deutschland, um Schutz vor Verfolgung und Gewalt zu suchen. Ein wesentlicher Schlüssel zur gesellschaftlichen Integration Geflüchteter ist sozialversicherungspflichtige, bezahlte Arbeit. Dafür ist eine umfassende Weiterbildung nötig. Dabei sind drei zentrale Handlungsfelder zu unter-scheiden: der Erwerb von Deutschkenntnissen, der Zugang und die Nutzung arbeits-marktpolitischer Fördermöglichkeiten und die Integration in den Arbeitsmarkt sowie spezielle Angebote für besondere Flüchtlingsgruppen.

Sprach- und Integrationskurse, weiterführende Integrationsmaßnahmen für die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, einer Ausbildung oder eines Studiums sowie die Teilnahme an Maßnahmen der Arbeitsförderung müssen in ausreichender Zahl flächendeckend angeboten werden. Wartezeit kann durch Beschäftigung überbrückt werden. Dabei sind die Geflüchteten an den Arbeitsmarkt heranzuführen; sie sollen die Grundlagen des gesellschaftlichen Lebens in unserem Land kennenlernen.

Der Erwerb von allgemeinen und berufsbezogenen Deutschkenntnissen ist Voraussetzung für die berufliche und gesellschaftliche Integration von geflüchteten Menschen. Wegen der Alters-, Bildung- und Qualifikationsstruktur werden neben der Deutschförderung auch verstärkt Investitionen in die Qualifizierung von Geflüchteten notwendig sein.

Finanzierung der Weiterbildung sicherstellen

Ebenso wie die Struktur der Weiterbildungsangebote sich als Flickenteppich zeigt, verhält es sich auch mit der Finanzierung: Eine geregelte, systematische Finanzierung gibt es nicht. Ein einheitliches Finanzierungsmodell kann jedoch nicht das Ziel von Reformen sein: Die spezifischen Segmente der Weiterbildung brauchen auch spezifische Finanzierungsstrukturen, die jedoch aufeinander abgestimmt sein müssen.

Die ehemals in den Ländern weit verbreitete Regelung, die jeweils gleiche Finanzierungsanteile durch Land, Kommune und Teilnehmer für die Erwachsenenbildung vorsah, hat sich zu Ungunsten der Teilnehmer und Kommunen verschoben. Das muss korrigiert werden, indem die Länder wieder stärker an der (Regel-)Finanzierung beteiligt werden.

Grundsätzlich ist die betriebliche Weiterbildung durch die Unternehmen zu finanzieren. Dies betrifft auch die Freistellungszeiten für die Teilnahme an Weiterbildung. Um alle Unternehmen an der Finanzierung der Weiterbildung zu beteiligen, sollten Weiterbildungsbranchenfonds für alle Branchen gesetzlich vorgeschrieben werden. Die Verwaltung dieser Fonds sollte Aufgabe der Sozialpartner sein. Der Bund kann sich an der Finanzierung beteiligen, indem zum Beispiel eine Bildungsteilzeit gefördert wird.

Die mit den Hartz-Gesetzen verbundene radikale Kürzung der Mittel für die Weiterbildung von Erwerbslosen sowie der von Erwerbslosigkeit bedrohten Beschäftigten ist rückgängig zu machen und mindestens wieder auf das Niveau vor Einführung der Hartz-Gesetze anzuheben.

Statt mit neoliberalen Finanzierungsinstrumenten wie Bildungsgutscheinen Anbieter und Nachfrager zu verunsichern, sollte sich der Bund auf die Entwicklung einer lernförderlichen Infrastruktur konzentrieren. Das bedeutet den Ausbau einer flächendeckenden Weiterbildungsberatung, Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz und zur Qualitäts-sicherung. Aufbau und Finanzierung sind in einem Bundesgesetz zur Weiterbildung zu regeln.

Digitalisierung als Chance nutzen

Unsere Gesellschaft verändert sich. Wir sind auf dem Weg in eine digitale Ökonomie. Dabei ist die Arbeitswelt ein zentraler Bereich, der sich verändert. Mit der Digitalisierung der Arbeitswelt verändern sich auch die Anforderungen an Arbeitnehmer_innen, an die Berufsbilder und Standards. Arbeitnehmer_innen, die in traditionellen Strukturen qualifiziert worden sind, müssen für die veränderten Arbeitsprozesse weitergebildet werden. Zukünftig wird der Alltag von beruflicher Flexibilität, Arbeitsplatzwechsel, beruflichen Aus- und Einstiegen geprägt sein. Das stellt auch die Aus- und Weiterbildung vor neue Herausforderungen.

Der beruflichen Weiterbildung kommt in der sich verändernden digitalen Welt eine zentrale Rolle zu. Das ist eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft: Sie muss Weiterbildung um jeden Preis betreiben. Sie muss in Weiterbildung investieren. Individuelle und bedarfsgerechte Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote während des gesamten Erwerbslebens sind notwendig. Dazu zählt auch die Etablierung einer unabhängigen, an Arbeitnehmerinteressen orientierten lebensbegleitenden Beratung für die Weiterbildung und Qualifizierung der Arbeitnehmer_innen.

Die Arbeit der Beschäftigten in der Weiterbildung ist MehrWert

Die Arbeits- und Einkommensbedingungen in der Weiterbildungsbranche sind überwiegend prekär. Sie waren schon immer unterschiedlich, aber doch durchschnittlich akzeptabel – mit den tarifvertraglichen Regelungen im öffentlichen Dienst, zwar nicht als Referenzgröße, aber doch noch in Sichtweite. Durch die systematische Ausschreibungspraxis der Bundesagentur für Arbeit in Folge der Hartz-Gesetze verschlechterten sich die Arbeits- und Einkommensbedingungen zunehmend.

Die Tarifbindung sank, neue Tarifverträge konnten bisher nur in wenigen Betrieben als Haustarifverträge abgeschlossen werden. Für Arbeitnehmer_innen im pädagogischen Bereich in der SGB II/III-finanzierten Weiterbildung gilt ein branchenspezifischer Mindest-lohntarifvertrag. Die Befristungsquote in der Branche Erziehung und Bildung ist die höchste aller erfassten Branchen. Bei einzelnen Bildungsträgern beträgt sie bis zu 90 Prozent. Weiterhin wird sozialversicherungspflichtige Beschäftigung durch Arbeit auf Honorarbasis ersetzt.

Mit dem Einbruch der Arbeits- und Einkommensbedingungen gerieten auch die ohnehin nicht hohen Honorarsätze der Solo-Selbständigen in der Weiterbildungsbranche unter Druck – die Mehrheit der in der Weiterbildung Tätigen mit dem sozial unsichersten Status musste vielfach dem Druck nachgeben.

Doch die Arbeitnehmer/innen in der Weiterbildungsbranche müssen hoch qualifiziert sein. Sie erfüllen bedeutende gesellschaftliche Aufgaben und haben entsprechende Wertschätzung verdient. Diese Wertschätzung muss sich in sicheren Arbeitsverhältnissen und guter Entlohnung, die auch Altersarmut ausschließt, ausdrücken.

In der nach SGB II/III finanzierten Weiterbildung ist der allgemeinverbindliche Mindest-lohntarifvertrag ein ordnungspolitisches Instrument, das den ruinösen Wettbewerb reduziert und verhindert, dass allein ein niedriges Entgelt als Wettbewerbsfaktor dominiert. Schon jetzt gilt nach dem Vergaberecht (§ 128 Absatz 1 GWB), dass allgemeinverbindliche Tarifverträge bei der Auftragsausführung einzuhalten sind. Die ver.di-AG Weiterbildung setzt sich für die Fortentwicklung des Mindestlohntarifvertrags ein.

Die Arbeits- und Einkommensbedingungen der Arbeitnehmer_innen in der Branche müssen besser werden. Unser Instrument dafür ist der Tarifvertrag. Tarifverträge sichern den Beschäftigten höhere Einkommen, reduzieren die Konkurrenz der Beschäftigten untereinander und schützen vor Willkür der Arbeitgeber. Die AG Weiterbildung wird in der Branche weiter an durchsetzungsfähigen Bedingungen arbeiten. Die Arbeitnehmer/innen der Branche haben es in der Hand, dass sich etwas verändert. .

Es sind branchenweite tarifliche Arbeits- und Einkommensbedingungen durch einen Flächentarifvertrag zu schaffen. Wo es in der Weiterbildungsbranche notwendig erscheint und erfolgsversprechend ist, sind Haustarifverträge durchzusetzen.

Solo-Selbständige Honorarlehrkräfte arbeiten hauptberuflich und überwiegend für einen Auftraggeber und sind deshalb als arbeitnehmerähnliche Personen entsprechend § 12 a TVG zu behandeln. Bei Solo-Selbständigen ist der Honorarsatz so zu bemessen, dass das Einkommen nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sowie Beiträgen für zusätzliche Alterssicherung und Absicherung bei Auftragsausfall im Jahresdurchschnitt dem eines angestellten pädagogischen Mitarbeiters entspricht. Die Beschäftigung von Honorarkräften darf für den Arbeitgeber keinen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber der Beschäftigung von sozialversicherungspflichtigen pädagogischen Mitarbeitern ergeben.

Die Deutschlehrer_innen in den Sprach- und Integrationskursen sind Hochschulabsolvent_innen mit Zusatzqualifikation. Als Leiter_innen von Integrationskursen lehren sie Deutsch als Zweitsprache, geben Alphabetisierungs- und Orientierungskurse, nehmen Sprach- und Einbürgerungsprüfungen ab. Die Refinanzierung und somit die Bezahlung sind gering. In jedem Fall gilt: Diese Lehrkräfte leben prekär. Wir fordern, dass sie in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis beschäftigt werden. Sie sind vergleichbar mit Berufsschullehrer_innen entsprechend den Regelungen des Tarifvertrages der Länder (TV-L) zu bezahlen. Die notwendigen finanziellen Mittel dafür müssen von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden.

Weiterbildung für Weiterbildner_innen sicherstellen und ausbauen

Die ver.di-AG Weiterbildung wird gemeinsam mit den betrieblichen Interessenvertreter_innen die Arbeitgeber auffordern, in ihrer Personalpolitik der betrieblichen Weiter-bildung einen höheren Stellenwert beizumessen. Dafür müssen mehr tarifliche und betriebliche Vereinbarungen Weiterbildung ermöglichen. Das gilt insbesondere in Bezug auf die Digitalisierung der Arbeitswelt, die Wanderungsbewegungen und die demografische Entwicklung. Arbeitnehmer_innen in der Weiterbildung brauchen Perspektiven zur Weiterbildungsqualifikation, sie müssen dabei unterstützt und gefördert werden – auch finanziell. Hierfür müssen die Weiterbildungsunternehmen eine zukunftsorientierte Personalplanung entwickeln, die auch die tarifliche Steigerung der Bezahlung nach Höherqualifizierung berücksichtigt.

Schritte zur Umsetzung

Der AG Weiterbildung des ver.di-Fachbereichs Bildung, Wissenschaft und Forschung will mit der Magdeburger Erklärung Anstöße und Impulse geben damit die Weiterbildung ihrer Bedeutung in Gesellschaft und Politik gerecht wird. Umfassende Veränderungen in Bildungs-, Arbeitsmarkt-, Sozial- und Steuerpolitik sind notwendig. Gesetzliche Grundlagen müssen novelliert, tarifvertragliche, betriebliche oder einzelvertragliche Vereinbarungen getroffen werden.


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Schlagworte zu diesem Beitrag: Weiterbildung, Lebenslanges Lernen
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 18.10.2016