Selbstständige in der Weiterbildung

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Mein Arbeitsplatz

Selbstständig tätige Dozentin für Deutsch als Zweitsprache

Die Vielseitige

Ich bin selbstständige Dozentin für Deutsch als Zweitsprache und unterrichte erwachsene Menschen aus den verschiedensten Kulturkreisen auf höherem Niveau. Das sind Leute, die sich auf ein Studium, eine Doktorarbeit oder auf einen Beruf im akademischen Kontext vorbereiten. Sie haben sich hohe Ziele gesteckt und sind sehr motiviert. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die mir sehr viel abverlangt, aber auch viel Spaß macht. Ich liebe meine Arbeit und weiß gleichzeitig, dass ich das nicht ewig machen werde. Weil die Bezahlung zu schlecht ist, um damit alt zu werden, und die Perspektiven für eine berufliche Weiterentwicklung relativ eingeschränkt sind. Außerdem ist alles in Bewegung, internationaler Austausch wird immer wichtiger und auch an meinem Arbeitsplatz macht digitales Lernen keinen Stopp.

Ein Jahr in Italien

Mein Weg in den Beruf war nicht geradlinig: Als ich mein Abitur geschafft hatte, war ich noch recht orientierungslos. Also habe ich als Kellnerin gejobbt und wäre beinahe Restaurantfachfrau geworden. Der Plan ging aber nicht auf, und ich begann ein Studium der Germanistik und Italianistik fürs Lehramt. Bei meinem ersten Praktikum in einer Regelschule merkte ich: Das ist nicht das Richtige für mich. Also entschied ich mich, nach Italien zu gehen, blieb dort für ein Jahr, arbeitete als Telefonistin, entwickelte meine Sprachkenntnisse und begann, Deutschkurse für Italiener anzubieten.

Zurück in Deutschland sattelte ich von Germanistik auf Deutsch als Zweitsprache um. Mein Studium finanzierte ich mit Italienisch-Kursen in Volkshochschulen im weiteren Leipziger Umland. Das war unheimlich hart: Ich war 40 Stunden pro Woche in den Kursen unterwegs, dazu kamen rund 20 Stunden fürs Studium. Aber ich sammelte viel Berufserfahrung, bis ich 2009 den Abschluss in der Tasche hatte. Nach mehreren Stationen in anderen Städten stieg ich bei der Volkshochschule Leipzig ein und konnte dort Fuß fassen. Ich unterrichte in B- und C-Kursen – das sind hauptsächlich Kurse für Menschen, die hier mit ihrem universitären Abschluss arbeiten wollen. Dafür habe ich auch Prüferlizenzen, sodass ich meine Teilnehmer/innen gut für erfolgreiche Abschlüsse rüsten kann.

Wenn ich an die Rente denke …

Heute habe ich in einem solchen Kurs negative Konsekutivsätze erklärt (lacht). „Er hatte zu wenig Geld, als dass er sich ein Essen hätte leisten können.“ Naja, ganz so schlimm ist es bei mir nicht, aber ich bekomme weniger Honorar pro erteilter Stunde, als es Dozenten in Integrationskursen bekommen. Und das nur, weil diese bundesfinanziert sind. Meine Arbeit finanzieren Teilnehmer, die Kommune und das Land Sachsen. Ich kann mir unter diesen Umständen kein Kind leisten, und wenn ich an die Rente denke, wird mir ganz flau. Damit sich das ändert, engagiere ich mich in der Dozenteninitiative mit Unterstützung von ver.di – damit wir mit den angestellten Kolleg/innen im Regelschulbetrieb gleichgestellt werden.


Quelle: ver.di publik 4/2018, Protokoll: Gundula Lasch


Schlagworte zu diesem Beitrag: Ausbildung, Volkshochschule, Honorar, Freiberufler/Selbstständige, Integrationskurse
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 12.07.2018